# taz.de -- Online-Shopping mit der Öko-Ampel: Massenmarkt oder reine Lehre? | |
> Ein Add-on zeigt beim Einkauf direkt an, wie „bio“ und „fair“ die | |
> gewählten Produkte sind. Doch es regt sich auch Kritik an der Bewertung. | |
Bild: Pakete warten in einer Amazon-Lagerhalle auf die Auslieferung | |
BERLIN taz | Bei rund 400 Produktsiegeln ist faires und ökologisches | |
Einkaufen ein komplexes Unterfangen. Für den Interneteinkauf hat ein | |
Start-up aus Berlin aus der Orientierung im Label-Dschungel ein Geschäft | |
gemacht: Das 2010 gegründete Start-Up Wegreen bietet seit Kurzem eine | |
Nachhaltigkeitsampel als Add-on an – also eine Browser-Erweiterung: Nach | |
einmaliger Installation wird auf den Seiten der Online-Shops selbst | |
automatisch das Wegreen-Bewertungssystem eingeblendet. Sucht der Nutzer | |
etwa auf Zalando nach einem Kleidungsstück, zeigt das Add-on eine Bewertung | |
des Produkts von Grün über Gelb bis Rot. | |
„Wir wollen nachhaltigen Konsum massentauglich machen“, sagt Maurice | |
Stanszus, Gründer und Geschäftsführer von Wegreen. Das Start-up ist bisher | |
vor allem für seine Produkt-Suchmaschine bekannt, die zu den Ergebnissen | |
immer auch eine Einschätzung zur Nachhaltigkeit liefert. Dabei fließen | |
Informationen wie die verschiedenen Siegel, Produktbewertungen etwa der | |
Stiftung Warentest oder Herstellerbewertungen zum Beispiel von | |
Nichtregierungsorganisationen ein. | |
Mit der neuen Erfindung, dem Add-on, ist eine Bewertung nun direkt beim | |
Einkaufen auf vier Vergleichsportalen wie Idealo und 14 Online-Shops | |
möglich, darunter auch Amazon und Otto. Rund 800 Personen verwenden das | |
Add-on bislang. Nach Angaben von Wegreen können mehr als 100 Millionen | |
Produkte bewertet werden. | |
Damit sich die Anzahl dieser Produkte ständig erhöht, hat Stanszus in | |
Kooperation mit mehreren Universitäten einen komplexen Algorithmus | |
entwickelt, der jede Produktanfrage automatisch mit einer Datenbank | |
abgleicht, die zuvor mit den Bewertungen mehrerer Quellen gefüttert wurde. | |
Wenn genügend Informationen vorhanden sind, wird so innerhalb weniger | |
Sekunden eine neue Nachhaltigkeitsampel geliefert, die immer auch die Güte | |
der Quellen berücksichtigt. Der Algorithmus selbst bleibt geheim, nur ein | |
Beirat überwacht die Qualität des Systems. In diesem Gremium sitzen laut | |
dem Unternehmen unter anderem die Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg und | |
der Ex-Telekom-Vorstand Bernd Kolb. | |
## Für den Nutzer ist das Add-on kostenlos | |
Für den Nutzer ist das Add-on kostenlos, Wegreen verdient das Geld auf | |
andere Weise: Bei jedem User gilt Wegreen als eine Art Vertriebspartner der | |
Produktanbieter und erhält eine Vermittlungsprovision pro getätigtem Kauf – | |
im Durchschnitt acht Prozent, wie Maurice Stanszus berichtet. | |
Doch für seine Kooperation mit den Größen des Online-Shoppings gibt es auch | |
Kritik. Katharina Knoll, Expertin für nachhaltigen Konsum beim | |
Verbraucherzentrale Bundesverband, findet das Angebot des Start-ups zwar | |
„prinzipiell gut und praktisch“. Einen Haken sieht sie aber doch: „Dass | |
Wegreen sein Add-On auch bei Unternehmen wie Amazon ermöglicht und darüber | |
Provision bezieht, ist letztendlich nicht stringent.“ | |
Knoll verweist dabei auf die Vorwürfe, die zum Beispiel gegen Amazon | |
erhoben werden, wenn es etwa um faire Arbeitsbedingungen geht. Die | |
Verbraucherschützerin findet, dass das Wegreen-Bewertungssystem „den | |
gesamten Lebenszyklus eines Produkts“ mit einbeziehen sollte – und der | |
„somit ebenfalls 1:1 auch für Amazon, Zalando und Co“. gelten müsse. | |
Wegreen-Chef Stanszus sieht dagegen die Massenwirkung: „Es gibt eben nicht | |
nur Hardcore-Grün, sondern auch Seichtgrün. Und es ist einfach eine | |
Tatsache, dass die großen Player die größten Umsätze machen – auch mit | |
grünen Produkten.“ Vom Volumen her sei die Wirkungskraft daher trotz der | |
berechtigten Kritik größer, als würde man auf Wegreen verzichten. | |
17 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Daniel Segal | |
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