# taz.de -- Werbevideo von Sanifair: Fürs Kacken zahlt Papa | |
> Sanifair erklärt den Klo-Besuch – mit Hilfe einer Zehnjährigen. | |
> Tabubrüche gibt‘s in deren „Zauberwelt“ aber nicht. | |
Bild: Immer dabei: Rucksack-Kuscheltier Rüssel begleitet Amelie in dem Imagefi… | |
Eine hopsende 10-Jährige namens Amelie mit einem Mix aus Kuscheltier und | |
Gym-Bag – und eine penetrante Klaviermusik, die wohl eigentlich beruhigend | |
wirken soll und sich mindestens für den Rest des Tages ins Gehirn | |
einbrennt. | |
Das ist das Ergebnis des Imagefilms für Sanifair, diesen völlig | |
überteuerten Klo-Anbieter an Bahnhöfen und Autobahnraststätten. (An manchen | |
Bahnhöfen kostet der WC-Besuch sogar einen ganzen Euro – das wären nach | |
altmodischer Berechnung zwei ganze Mark!) | |
Aber warum muss für Klos überhaupt Werbung gemacht werden? Das ist doch | |
schließlich wirklich das Einzige, das alle, wirklich alle Menschen gemein | |
haben: Das Bedürfnis, sich zu entleeren. Und anders als bei Nahrungsmitteln | |
und Getränken können wir dabei nicht zwischen verschiedenen Optionen | |
wählen. | |
Na ja, theoretisch schon: zwischen Busch und Kabine eben. Die routinierten | |
Buschpinkler werden sich wohl kaum von Amelie in ihre Sanifair-Zauberwelt | |
locken lassen. Und spätestens zum großen Geschäft gehen sowieso wieder alle | |
brav auf die Schüssel. | |
Wozu also ein Scheißhaus-Werbefilm? Will Sanifair damit vielleicht ein Tabu | |
brechen? Falls ja, ist dieser Versuch grandios gescheitert. Dafür hätte | |
Sanifair sich schon mehr einfallen lassen müssen, als die Bezahlung per | |
Smartphone oder Kreditkarte, die es „demnächst an immer mehr Standorten“ | |
geben soll. | |
Dusch-WCs als Alternative zu Klopapier, in Japan schon längst Alltag, | |
hätten dem Film auf jeden Fall wenigstens einen neuen Aspekt gegeben. So | |
ist er eher eine „Anleitung für die richtige Benutzung des | |
Sanifair-Angebots“. | |
Zudem tappt die arme Amelie in ihrer Sanifair-Zauberwelt noch in das ein | |
oder andere Klischeefettnäpfchen (oder sollten wir sagen: die | |
Klischee-Kloschüssel?): Im kostenlosen Wickelraum „kann Mama Jannik | |
saubermachen“, gezahlt wird natürlich mit Papas Kreditkarte. Die größte | |
Überraschung ist, dass die Reinigungskraft dann tatsächlich männlich und | |
weiß ist. | |
21 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Juliane Fiegler | |
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