# taz.de -- Der DfB und die Medien: Kein weltmeisterliches Niveau | |
> Der DFB kann sich wegen seiner Monopolstellung alle Freiheiten | |
> herausnehmen. Er beantwortet Presseanfragen nach Gutdünken. | |
Bild: Sagt er was? Oder nicht? DFB-Präsident Wolfgang Niersbach vor Journalist… | |
Zu besonderen Anlässen muss man auch einmal aus dem Nähkästchen plaudern. | |
Denn kürzlich ist etwas Außergewöhnliches geschehen. Unsere Redaktion hat | |
an die Pressestelle des Deutschen Fußball-Bundes eine Anfrage gestellt und | |
eine Antwort bekommen. Sie fragen sich, was daran so besonderes ist? Na, | |
die Antwort! Die taz wollte in diesem Jahr schon des Öfteren vom Verband | |
etwas wissen, eine Reaktion kam allerdings nie. | |
Wir wollten etwa in Erfahrung bringen, was der DFB von der Abschaffung der | |
Spielerberaterlizenzierung hält, welche die Fifa beschlossen hat. Oder | |
warum der DFB ausgerechnet auf dem Grund einer traditionsreichen | |
Galopprennbahn seine Akademie aufbauen möchte. Und wer denn nun bei einer | |
Funktionärsfehde im sächsischen Fußballverband Recht hat, da beide | |
Streitparteien sich auf Angaben des DFB beriefen, die sich widersprachen. | |
Fragen, die bei der Presseabteilung des größten deutschen Sportverbandes in | |
Frankfurt offenbar direkt in den Papierkorb weitergeleitet wurden. | |
Als wir per Mail ankündigten, ein Stück über das Selbstverständnis der | |
DFB-Öffentlichkeitsarbeit schreiben zu wollen und um Stellungnahme baten, | |
klingelte zwei Minuten später das Telefon. Nachdem ich dem verunsicherten | |
Mitarbeiter des Pressestabs empfahl, die Anfrage doch an seine Vorgesetzten | |
weiterzureichen, kam auch kaum weniger prompt die bereits erwähnte lang | |
ersehnte Antwort. Wobei die Bezeichnung Antwort etwas zu hoch gegriffen | |
ist. | |
Zum Selbstverständnis der Öffentlichkeitsarbeit, hieß es in dem Schreiben, | |
solle man sich doch auf das Feedback der Journalistenkollegen beziehen, die | |
den DFB als „schnellen, zuverlässigen, serviceorientierten Dienstleister“ | |
sehen würden. „Wenn Sie sich aus welchen Gründen auch immer nicht | |
ausreichend berücksichtigt fühlen, kann im ersten Schritt manchmal auch ein | |
Blick auf die eigenen Strukturen, Zuständigkeiten und Abläufe helfen.“ Ein | |
Name, der sich für dieses Schreiben verantwortlich zeichnete, stand | |
übrigens nicht unter der Mail. Es grüßte die DFB-Pressestelle. | |
## Beschwerden abgebügelt | |
Raik Packeiser ist Geschäftsführer der Agentur für Kommunikation insignis | |
und hat sich auch intensiv mit der Öffentlichkeitsarbeit von Sportverbänden | |
beschäftigt. Unter anderem arbeitete er mit dem Deutschen Olympischen | |
Sportbund zusammen. Er sagt: „Zu einer professionellen Pressearbeit gehört | |
für mich, dass man sich keinem Dialog verschließt.“ Weder andere | |
Sportverbände noch Unternehmen oder politische Parteien könnten es sich | |
leisten, Anfragen zu ignorieren und Beschwerden abzubügeln. „Es empfiehlt | |
sich auch nicht, Zeitungen darauf hinzuweisen, wie sie ihre Arbeit zu | |
machen haben.“ | |
Den konkreten Fall, sagt Packeiser, wolle er nicht bewerten. Er kenne die | |
Vorgeschichte nicht. Aber kann er sich eine Vorgeschichte vorstellen, die | |
ein derartiges Ignorieren von Anfragen rechtfertigen kann? Der PR-Profi | |
sagt, er habe in seinen 15 Berufsjahren so etwas noch nicht erlebt, aber | |
selbst wenn Journalisten sich notorisch unmöglich verhalten würden, müsse | |
die andere Seite dann zumindest per Telefongespräch erklären, dass man die | |
Kommunikation von nun an einstellen werde. | |
So hoffnungslos hat sich die taz allerdings mit DFB-Chef Wolfgang Niersbach | |
und Co. gar nicht zerstritten. Es gibt keine Vorgeschichte, die Anlass | |
gäbe, sich als ausgesuchtes Opfer des DFB zu wähnen. Anderen Kollegen geht | |
es schließlich nicht besser. Auch sie berichten von unbeantworteten | |
Anfragen oder Hinhaltetaktiken und von offensichtlichen Unwahrheiten, wenn | |
sie sich heikleren Themen zuwenden. Ein Korrespondent einer internationalen | |
Tageszeitung erklärt etwa mit feiner Ironie: „Während der letzten Jahre | |
habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Presseabteilung des DFB in einigen | |
Bereichen nicht ganz dem weltmeisterlichen Niveau der A-Nationalmannschaft | |
entspricht.“ | |
Journalisten müssten aufpassen, dass sie sich nicht als PR-Clowns durch die | |
Manege ziehen lassen und somit zum verlängerten Arm des DFB werden. Mit | |
Namen will sich allerdings kaum einer in den Wind stellen. Aus | |
verständlichen Gründen. Der DFB verteilt Gaben in Form von Interviews oder | |
Akkreditierungen für Großveranstaltungen, ohne die man seinem Beruf nur | |
unzureichend nachkommen kann. Insofern ist der Verweis des Verbandes auf | |
die zufriedenen Journalistenkollegen natürlich listig. | |
## Eine pathologische Konstellation | |
Der freie Journalist Jens Weinreich, der Konflikten mit dem DFB nicht aus | |
dem Weg geht, sagt: „Die Taktik der Pressestelle ist doch seit Jahren klar: | |
Fragen bei unbequemen Themen möglichst aussitzen. Wenn es dennoch | |
pressiert, mit Trick den Recherchen beziehungsweise der Veröffentlichung | |
zuvorkommen, indem man die Kumpels in den Agenturen und Redaktionen | |
informiert.“ | |
Das grundsätzliche Problem sei aber die Duzbrüderschaft zwischen vielen | |
Journalisten und der Presseabteilung des DFB, die Distanzlosigkeit etlicher | |
Berichterstatter zum Objekt ihrer Berichterstattung. Wolfgang Niersbach und | |
Ralf Köttker waren einst selbst Journalisten ehe sie zu DFB-Pressesprechern | |
wurden. Köttker nimmt diese Stellung aktuell ein, Niersbach ist gar ins | |
Präsidentenamt aufgestiegen. | |
Eine pathologische Konstellation nennt das Weinreich. Ein Grundsatzproblem | |
also. Wobei die Schwächen dieses Konstrukts in den letzten Jahren immer | |
stärker sichtbar werden. Als der ebenfalls ehemalige Journalist Harald | |
Stenger (Frankfurter Rundschau) vor drei Jahren von Wolfgang Niersbach aus | |
dem Amt des Pressesprechers der Nationalmannschaft gedrängt wurde, | |
bilanzierte die FAZ, dass unter der Führung des ehemaligen | |
Springer-Journalisten und Mediendirektors Ralf Köttker „die mediale | |
Durchstecherei“ wieder üblicher geworden sei. Sprich wie in den Zeiten, als | |
Niersbach die Kommunikation noch regelte. Über die Springer-Blätter werden | |
heute wie anno dazumal vom Verband immer wieder Informationen und | |
Indiskretionen lanciert. | |
## Eine gewisse Komik | |
Michael H. Spreng, der ehemalige Chef der Bild am Sonntag, und heutige | |
Kommunikations- und Medienberater sagt: „Insgesamt neigen alle | |
Großorganisationen dazu, sich mit genehmen Journalisten zu umgeben – sei es | |
in Politik, Wirtschaft und Verbänden. Beim DFB kann ich mir vorstellen, | |
dass dies besonders ausgeprägt ist. Dafür sind inzwischen die | |
wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen einigen Medien aus TV und Print | |
einfach zu eng.“ | |
Der Fußball, erklärt der Sport-PR-Experte Packeiser, sei im Vergleich zu | |
anderen Sportarten in einer privilegierten Position. Mediale Aufmerksamkeit | |
müsse gar nicht mehr erzeugt werden. „Wenn eine Branche von einem | |
Unternehmer auf Dauer dominiert wird, kann sich das Selbstverständnis | |
entwickeln, man habe die Genialität gepachtet. Da muss man aufpassen, dass | |
man nicht die Bodenhaftung verliert.“ An vereinzelten Vereinen der | |
Fußball-Bundesliga lassen sich diese Symptome ebenfalls beobachten. Aus | |
langjähriger Erfahrung weiß die taz: Hertha BSC Berlin leistet sich auch, | |
was sich kein Verband, Unternehmen oder eine Partei leisten kann: Man | |
antwortet nur auf ausgesuchte Anfragen. | |
Der Profifußball ist ein Staat im Staate. Er funktioniert nach seinen | |
eigenen, oft dezidiert demokratiefeindlichen Gesetzmäßigkeiten. Er gleicht | |
einem Hofstaat mit den dazu gehörigen Hofberichterstattern, denen nach | |
Gutdünken mehr oder minder große Freiheiten eingeräumt werden. Beim DFB | |
sind es eben weniger. | |
Es hat schon eine gewisse Komik, wenn der DFB-Chef Niersbach wie im Juni | |
fordert, die Fifa brauche mehr Transparenz und Kontrolle. Die gleiche | |
Forderung hatte schließlich wenige Monate zuvor die Fifa dem DFB zukommen | |
lassen, weil der Verband die Bezüge von Niersbach nicht offenlegen will. | |
Zum Transparenz-Vorbild taugt der Deutsche Fußball-Bund wahrlich nicht. So | |
könnte das immer weiter gehen mit den Vorwürfen und Gegenvorwürfen zwischen | |
dem DFB und der Fifa. Hin und her. Es wäre ein nicht enden wollendes Spiel. | |
10 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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