# taz.de -- Neue Erkenntnisse zur Fortpflanzung: Spinnen fühlen doch beim Sex | |
> Offenbar haben Spinnenmännchen Nervenzellen in den Begattungsorganen. Ob | |
> sie damit auch Spaß haben, weiß man aber noch nicht. | |
Bild: Spinnchen und Blümchen. Hier eine Veränderliche Krabbenspinne, Misumena… | |
GREIFSWALD dpa | Im Begattungsorgan von Spinnenmännchen haben Forscher | |
erstmals Nervenzellen nachgewiesen. Offenbar hätten die Männchen zumindest | |
während der Paarung Einfluss auf ihren Vaterschaftserfolg – und nicht wie | |
bisher angenommen nur die Weibchen, berichten Zoologen der Universität | |
Greifswald im Fachmagazin Biology Letters. Über die Nerven erhielten die | |
Tiere während der Paarung Informationen über das Weibchen und könnten wohl | |
den Fluss ihres Ejakulats entsprechend anpassen. Bislang galten die | |
Begattungsorgane der männlichen Tiere bei allen Spinnenarten als taub und | |
unempfindlich. | |
Die Forscher um die Zoologin Elisabeth Lipke hatten Tasmanische | |
Höhlenspinnen (Hickmania troglodytes) untersucht, eine in Australien | |
vorkommende, handtellergroße Spinnenart. In 15 000- bis 20 000-facher | |
Vergrößerung analysierten sie mit einem sogenannten | |
Transmissions-Elektronenmikroskop die zu Begattungsorgangen umgewandelten | |
Extremitäten im Vorderkörper, die Pedipalpen. „Die Neuronen in der Spitze | |
des Begattungsorgans steuern Druck und Zug und könnten dem Männchen dabei | |
helfen, sich während der Paarung besser auf das Weibchen einzustellen“, | |
erklärt Lipke. | |
Zudem wiesen die Forscher zwei Drüsen im Begattungsorgan nach, die offenbar | |
beim Transfer des Spermas während der Kopulation eine wichtige Rolle | |
spielen. „Ähnlich wie bei Insekten könnten die Spinnenmännchen über diese | |
Drüsen ihre Samenflüssigkeit modifizieren und zusätzliche Sekrete an das | |
weibliche Tier abgeben und so Prozesse im Weibchen beeinflussen“, vermutet | |
Lipke. „Somit könnten die Männchen sich über die Beigabe von individuellen | |
Sekreten den Vaterschaftserfolg sichern.“ | |
## So etwas wie Spaß beim Sex? | |
Spinnenweibchen paaren sich häufig mit mehreren Männchen, die sich mitunter | |
durch üppige Brautgeschenke die Gunst der Auserwählten zu sichern suchen. | |
Bei längerer Kopulationszeit werden mehr Spermien übertragen und somit auch | |
mehr Nachkommen gezeugt, so die Annahme. Den Männchen wurde dabei bisher | |
lediglich eine passive Rolle zugeschrieben. „Männchen der Tasmanischen | |
Höhlenspinne nehmen offenbar einen direkten Einfluss auf die Kopulation“, | |
sagt Peter Michalik, Leiter des DFG-Forschungsprojektes zur | |
Evolutionsmorphologie von Reproduktionsorganen bei Spinnen und Mitautor der | |
Studie. | |
Den Greifswalder Forschern gelang der morphologische Nachweis von | |
Nervengewebe – die genaue Funktion der Zellen müsse nun in experimentellen | |
Studien analysiert werden, schreiben sie. Offen sei zum Beispiel, ob die | |
Männchen der Tasmanischen Höhlenspinne so etwas wie Spaß beim Sex | |
empfinden. Künftige Studien sollen zudem zeigen, ob es ähnliche | |
Nervenzellen auch in den Begattungsorganen anderer Spinnenarten gibt. | |
8 Jul 2015 | |
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