# taz.de -- Modeaustausch Berlin-Dhaka: „Dhaka ist geprägt von Mode“ | |
> Beim Austauschprojekt „Local – International“ lernen Designer und | |
> Modedesignstudierende aus Berlin und Bangladesh die jeweils andere | |
> Modewelt kennen. Teilnehmer Stefan Webelhorst über Indigoplantagen und | |
> stilvolles Textilrecycling | |
Bild: Rohstoff für Modeträume: Garnrollen in einer Textilfabrik | |
taz: Herr Webelhorst, Sie waren letzten Herbst zusammen mit fünf anderen | |
Berliner ModedesignerInnen in Dhaka. Was hat Sie bewogen, an einem | |
Austausch mit Bangladesh mitzumachen? | |
Stefan Webelhorst: Bangladesh ist einer der größten Textilimporteure für | |
den deutschen Modemarkt. Deshalb war es für mich sehr spannend, mir vor Ort | |
anzusehen, wie dort produziert wird. Für mich war der Austausch eine | |
Chance, meinen eigenen Anspruch an ökologische, wirtschafliche und ethische | |
Nachhaltigkeit an der Wirklichkeit zu überprüfen. | |
Der Textilproduktionsstandort Bangladesh steht besonders für ausbeuterische | |
Produktionsbedingungen. Die Bilder der ausgebrannten Textilfabrik „Rana | |
Plaza“, bei der viele Näherinnen starben, schockierten. Hatten Sie | |
Gelegenheit, vor Ort echte Einblicke zu bekommen? | |
Natürlich haben wir auch die Stätte des „Rana Plaza“ besucht. Aber wir | |
besichtigten auch viele andere Firmen, die ordentlich arbeiten. Es gibt | |
eine große Bandbreite von gut organisierten Großfabriken bis zur winzingen | |
Hinterhofnäherei voller Handwebstühle in einem dunklen Altstadthaus. | |
Genauso gibt es aber auch kleine Studios, die hochpreisige Kollektionen für | |
internationale Labels herstellen. Dhaka ist geprägt von der Mode. Und | |
unsere Designkollegen aus Bangladesh sind sehr stolz auf ihren | |
Produktionsort. | |
Sie waren zwei Wochen in Dhaka. Welche Anregungen haben Sie persönlich für | |
Ihre Arbeit mitgenommen? | |
Da ich als studierter Textilingenieur einen industriellen Hintergrund habe, | |
war es für mich toll zu sehen, was für eine große Rolle im Alltag dort das | |
Handwerk spielt: Die traditionelle Kantha-Stickerei, mit der Sari-Stoffe | |
veredelt werden, wird von jeder Familie anders umgesetzt. Auch die | |
Besichtigung der Indigoplantagen im Norden Bangladeshs war für mich ein | |
Erlebnis. Wir besuchten eine Initiative, die fair gefertigte Decken und | |
Schals mit Indigodruck in alle Welt vertreibt und lernten in einem Workshop | |
Shibori-Techniken kennen. | |
Der Gegenbesuch von sechs Designern aus Dhaka in Berlin fand im Januar | |
diesen Jahres statt. Was erlebten die Teilnehmer hier? | |
Im Mittelpunkt stand natürlich die Fashion Week. So nah wir zwölf | |
Teilnehmer uns im Selbstverständnis unserer Arbeit auch sind: Für die | |
Kollegen aus Bangladesh war die Art und Menge der Präsention von Mode neu. | |
Deshalb waren die Shows, Messen, Panels für sie aber natürlich auch für uns | |
eine tolle Erfahrung. | |
Die TeilnehmerInnen des Austauschprojekts „Local International“ arbeiteten | |
in Tandems an Themen wie Nachhaltigkeit, Fertigung und traditionelle | |
Handwerkstechniken. Welches Thema suchten Sie sich aus? | |
Ich habe allein gearbeitet, zum Thema Recycling. In Dhaka hat mich die | |
Organisation des alltägliche Recyclings von Textilabfällen beeindruckt. Bei | |
uns in Deutschland findet Textilrecycling eher unter | |
Wohltätigkeitsgesichtpunkten statt. Aber Altkleidercontainer reichen nicht: | |
Jeder Deutsche kauft durchschnittlich 14 bis 15 Kilo Kleidung pro Jahr. | |
Viel zu viel Kleidung wird einfach weggeworfen | |
Was ist Ihre Lösung für dieses Problem? | |
Es ist eher ein Versuch: Recycling unter Zuhilfenahme der modernen | |
Industrietechnik: Ich ließ alte Wollpullover schreddern, daraus neues Garn | |
arbeiten. Am Ende standen fünf Wollpullover, die aussahen wie neu. | |
Einleuchtende Idee. Machen Sie daraus ein Label? | |
Nein. Noch ist es technisch sehr aufwändig und teuer, aus alten | |
Recyclingfasern Garne zu Spinnen und daraus Neues zu stricken. Aber das | |
Pilotprojekt einer holländischen Firma, die in Marokko Decken aus Garnen | |
aus sortierten Textilabfällen weben lässt, zeigt, dass auch die Industrie | |
Interesse an besserer Abfallverwertung hat. | |
5 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Nina Apin | |
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