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# taz.de -- Experten warnen vor sozialer Spaltung: Die Gewalt ballt sich am Sta…
> Die Jugendgewalt nimmt insgesamt ab, doch in einzelnen Kiezen geht es
> heftig zur Sache​.
Bild: Die Jugendgewalt geht zurück – leider nicht überall.
Eigentlich müsste man sich freuen: Die Jugendgewalt in Berlin geht
insgesamt zurück. Vorfälle wie Raub, Körperverletzung und Nötigung, bei
denen Kinder oder Jugendliche als Tatverdächtige galten, nahmen in den
nuller Jahren noch stetig zu. 2013 erreichte das Gewaltniveau nun den
niedrigsten Stand seit 2003. Das geht aus einer Studie hervor, die
Mitarbeiter der Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention am Donnerstag auf
einem Fachtag präsentierten. „Der Trend konnte umgekehrt werden“, freute
sich der Leiter der Arbeitsstelle, Albrecht Lüter.
Entwarnung geben kann er deshalb aber nicht. Denn während die meisten
Gegenden Berlins eine geringe oder durchschnittliche Gewaltbelastung
aufweisen, geht es in einzelnen Kiezen dafür um so heftiger zur Sache:
„Einige Regionen sind um ein Vielfaches höher belastet“, sagte Lüter. Vor
allem in den Hochhaussiedlungen in Marzahn und Hellersdorf ballen sich der
Arbeitsstelle zufolge die Probleme. Auch am Kurfürstendamm, in Teilen des
Märkischen Viertels und in Spandau gebe es weit überdurchschnittlich viele
Fälle von Jugendgewalt.
## Spaltung der Stadt
Das könnte Folge von „Segregationsprozessen“ sein – sprich der sozialen
Entmischung, vermutet Lüter. „Die Veränderung der innerstädtischen
Quartiere schlägt sich in eng umgrenzten Räumen nieder“, so der Soziologe.
Eindringlich warnte er „vor einer sozialräumlichen Spaltung der Stadt“.
In den betroffenen Gegenden wohnen meist viele Arme und Arbeitslose. Es
gebe einen deutlichen Zusammenhang zwischen der sozialen Struktur und dem
Ausmaß an Jugendgewalt, sagte Miriam Schroer-Hippel, wissenschaftliche
Mitarbeiterin an der Arbeitsstelle. Für den Ku’damm gilt das sicher nicht:
Hier könnte der starke Publikumsverkehr ursächlich für die hohe Belastung
sein, so Schroer-Hippel.
Für die am Donnerstag präsentierte Studie hat die Arbeitsstelle
Jugendgewaltprävention Zahlen von Polizei, Schulen und Daten aus den
Regionen zusammengetragen. Da viele Fälle von Jugendgewalt aber gar nicht
gemeldet werden, starteten Lüter und seine Kollegen im vergangenen Jahr
auch eine Dunkelfelduntersuchung: Sie befragten 767 Siebtklässler zu ihren
Gewalterfahrungen.
Das Ergebnis: Jeder Fünfte gab an, in den vergangenen zwölf Monaten Raub,
Körperverletzung mit oder ohne Waffe oder einen sexuellen Übergriff erlebt
zu haben. Jeder Sechste wiederum räumte ein, eine dieser Taten selbst
begangen zu haben. Am stärksten verbreitet ist Mobbing: Fast jeder Vierte
erklärte, Opfer dieser Form von Gewalt geworden zu sein. Fast jeder Vierte
gab wiederum zu, selbst gemobbt zu haben.
## Tatort Schule
Tatort ist häufig die Schule, wobei es der Untersuchung zufolge an
Grundschulen und Sekundarschulen zu mehr Gewaltvorfällen kommt als an den
Gymnasien. Der öffentliche Raum, Parks oder Verkehrsknotenpunkte spielten
für die Jugendlichen in der Befragung weniger eine Rolle, so Michael
Bergert, ebenfalls wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arbeitsstelle.
Zu denken gibt ein weiteres Ergebnis: Sowohl viele Opfer als auch viele
Täter erklärten, dass die erlebte oder verübte Gewalttat keine Konsequenzen
nach sich zog. Selbst bei Körperverletzungen mit einer Waffe gaben 44
Prozent der Täter an, dass sie nicht bestraft wurden.
Albrecht Lüter sah sich am Ende der Veranstaltung genötigt, noch mal den
insgesamt positiven Trend der abnehmenden Gewalt zu betonen. „Wir täten
dieser Jugend unrecht, wenn wir sagen würden, sie wäre besonders brutal.“
Ihm sei vor allem wichtig, dass man den Strukturwandel der Stadt im Blick
behalte – und den belasteten Regionen auch mehr Aufmerksamkeit zukommen
lasse.
3 Jul 2015
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
## TAGS
Gewalt
Jugend
Gentrifizierung
Jugendgewalt
Alexanderplatz
Gewalt
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