# taz.de -- Volksbegehren für mehr Schule: „Wer darf unterrichten?“ | |
> Eine Initiative will ein Volksbegehren für Unterrichtsgarantie auf den | |
> Weg bringen. Initiator Florian Bublys kontert die Kritik der | |
> Lehrergewerkschaft. | |
Bild: Dass viel zu viel Unterricht ausfällt, wissen alle. Nur: Was tun dagegen? | |
taz: Herr Bublys, Sie sind einer der Mitinitatoren des Volksbegehrens | |
Unterrichtsgarantie. Das fordert: Zehn Prozent Vertretungsreserve an | |
Fachlehrern für jede Schule. Haben Sie schon Hassmails von Schülern | |
bekommen? | |
Florian Bublys: Nein, im Gegenteil. Insbesondere die Schüler, die jetzt in | |
den Abiturprüfungen sind, wissen sehr genau: Jede Stunde, die ausfällt, | |
geht zu Lasten einer guten Prüfungsvorbereitung. Im Übrigen gehört ja auch | |
der Landesschülerausschuss zu den Unterstützern unserer Initiative. | |
Der Senat sagt: Lediglich zwei Prozent des Unterrichts fällt wirklich aus, | |
weitere acht Prozent finden als Vertretungsunterricht statt. Klingt doch | |
gar nicht so dramatisch. | |
Die Frage ist aber: Wie wird vertreten? Und da kommen wir auf 1,2 Millionen | |
Stunden im Schuljahr, die den Namen Vertretungsunterricht nicht verdienen. | |
Da werden Teilungsstunden für Förderunterricht mit dem normalen Unterricht | |
zusammengelegt. Oder Oberstufenschüler sollen sich Aufgaben im Sekretariat | |
abholen. Das hat mit pädagogischer Sinnhaftigkeit nichts zu tun. | |
Unterrichtsausfall ist ein Dauerthema. Warum ausgerechnet jetzt das | |
Volksbegehren? | |
Politik ist ja auch immer die Frage des richtigen Zeitpunkts. Mit | |
Sicherheit wird im nahenden Wahlkampf wieder erklärt werden, wie wichtig | |
Investitionen in Bildung sind – da hoffen wir natürlich auch auf | |
Aufmerksamkeit für uns. | |
SPD-Bildungssenatorin Sandra Scheeres hat bereits gesagt: super Anliegen. | |
Aber wenn man mehr Lehrer einstelle, würden die zum Beispiel für | |
Förderunterricht eingesetzt – und wieder wäre die Vertretungsreserve weg. | |
Der Senat muss bei der Umsetzung des Volksbegehrens natürlich dafür Sorge | |
tragen, dass genau das nicht passiert – und die Vertretungsreserve | |
beispielsweise nicht dazu benutzt wird, kleinere Klassengrößen | |
herbeizuführen oder Förderunterricht zu ermöglichen. | |
Ausgerechnet von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kommt | |
Kritik an Ihren Forderungen: Es sein nicht der richtige Weg, eine | |
Unterrichtsgarantie gesetzlich regeln zu wollen. | |
Da hat die GEW leider den Gesetzestext nicht richtig gelesen. Wir fordern | |
ja nicht, dass keine Schulstunde mehr ausfällt. Wir wollen vielmehr | |
erreichen, dass definiert wird, wer an einer Schule unterrichten darf. Dazu | |
wollen wir im Schulgesetz den Begriff der Fachlehrkraft einführen. Wir | |
geben aber die Hoffung nicht auf, die GEW doch noch überzeugen zu können, | |
unsere Forderungen zu unterstützen. | |
Die GEW befürchtet auch, dass die Senatsbildungsverwaltung im Falle eines | |
erfolgreichen Volksentscheids zum Beispiel einfach das Stundenvolumen der | |
Lehrkräfte hochsetzen könnte – und so rein rechnerisch Ihren Forderungen | |
Genüge getan wäre. | |
Das wäre ganz einfach politischer Selbstmord. Im Übrigen hat die | |
Senatsverwaltung selbst ausgerechnet, dass man für eine zehnprozentige | |
Vertretungsreserve 2.700 zusätzliche Lehrkräfte bräuchte. Wenn unser | |
Volksbegehren erfolgreich ist, geben wir Senatorin Scheeres das beste | |
Argument an die Hand, sich in den Haushaltsverhandlungen genau dafür | |
einzusetzen. | |
20 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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