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# taz.de -- Tierschutz in Europa: Auf den Straßenhund gekommen
> In Süd- und Osteuropa sind die Streuner ein Problem, in Deutschland
> finden sie eine Heimat. Nicht alle Tierschützer sehen das positiv.
Bild: Straßenhunde in Athen.
BERLIN taz | Als Ilona Bubeck das erste Mal eine Runde mit ihrem neuen Hund
Pino dreht, hat sie alle Hände voll zu tun: Nur selten würdigt Pino sie
eines Blickes, und es ist nicht daran zu denken, den Hund von der Leine zu
lassen. „Das hätte auch schiefgehen können“, sagt sie heute, viereinhalb
Jahre später.
Einer Bekannten lief Pino damals in ihrem Urlaub in Spanien über den Weg:
ein Podenco, eine windhundähnliche Jagdhundrasse, die in Spanien sehr
verbreitet ist. Die Frau nimmt den Straßenhund mit nach Deutschland – und
ist bald überfordert. Ilona Bubeck beschließt kurzerhand, den Hund bei sich
aufzunehmen. „Das sind sensible Hunde, denen man nur schwer gerecht werden
kann“, sagt sie. „Für meine Bekannte war es einfach nicht der richtige
Hund.“
Gerade bei Straßenhunden wissen die künftigen Besitzer häufig nicht, was
die Tiere schon erlebt haben und wie schwierig die Eingewöhnung wird.
Dennoch entscheiden sich viele Menschen in Deutschland dafür, einen Hund
aus dem Ausland aufzunehmen. Oft lassen sie sich den Hund über eine
Tierschutzorganisation nach Deutschland holen: Allein der Tierschutzverein
Europa vermittelt pro Jahr etwa 500 Hunde, die vor allem aus Spanien und
Rumänien stammen, in deutsche Familien. Viele Tierschützer bestätigen einen
Anstieg derer, die ein Tier aus dem Ausland aufnehmen – genaue Zahlen zu
diesem scheinbaren Trend gibt es aber nicht.
In vielen süd- und osteuropäischen Ländern stellen Straßenhunde ein großes
Problem dar: Sie vermehren sich schnell, verbreiten Krankheiten und sind
oft kaum sozialisiert. In Ländern wie Griechenland, Spanien und Serbien
wird deshalb immer wieder von Tötungsstationen berichtet, in denen
Straßenhunde rigoros eingeschläfert werden sollen. 2013 wurde in Rumänien
die Tötung von Straßenhunden sogar offiziell genehmigt, nachdem ein
Kleinkind bei einem Hundeangriff zu Tode gekommen war.
## Wenig transparente Vereine
„Das ist doch klar: Wenn ich so einen kleinen Welpen vor seinem sicheren
Tod retten kann, dann hole ich mir eher den ins Haus, als dass ich einen
alten Rüden aus seinem warmen Tierheim hole“, sagt Daniela Rickert. Als
Vorsitzende des Arbeitskreises für Heimtiere bei der Tierärztlichen
Vereinigung für Tierschutz steht sie dem Hundeimport kritisch gegenüber.
„Man darf nicht vergessen, dass dieser Import auch zum Leidwesen der
hiesigen Tiere erfolgt“, sagt Rickert.
Im Internet finden sich mittlerweile unzählige Vermittlungsorganisationen
mit Namen wie „Traurige Hundeseelen e. V.“. Die meisten Vereine bestehen im
Voraus auf der Unterzeichnung eines „Schutzvertrages“, außerdem fallen
„Schutzgebühren“ in Höhe von bis zu 350 Euro an. Viel Geld, dessen Verble…
aus Rickerts Sicht selten nachvollziehbar ist: „Mir mangelt es da an
Transparenz.“
Die Tierschützerin Corinna Hanker unterstützt ehrenamtlich das spanische
Tierheim „Asociacion Protectora de Animales“ bei der Vermittlung von Hunden
nach Deutschland. Gerade jene Schutzgebühr hält sie für maßgeblich, um den
Tierschutz zu gewährleisten. „Bevor die Hunde ihre Reise antreten, werden
sie in der Regel gechipt, kastriert und untersucht – diese Kosten werden
durch die Schutzgebühren gedeckt“, sagt sie.
## Wird der Hund auf alle Krankheiten getestet?
Für Hanker ist klar, dass nicht alle Vermittlungsorganisationen seriös
sind. Wichtig sei, dass man sich genau über den importierenden Verein
erkundigt: Wie leicht lassen sich Informationen einholen? Wird der Hund auf
alle Krankheiten getestet? Gibt es Fotos? Das alles seien aufschlussreiche
Faktoren. Auch Vor- und Nachkontrollen der künftigen Hundehalter seien
wichtig.
Es stört sie, wenn den Exportregionen pauschal Tierquälerei unterstellt
wird. „In Spanien hat sich der Umgang mit den Tieren in den letzten Jahren
stark gewandelt.“ Das sei nicht zuletzt der Aufklärungsarbeit der
Tierschutzorganisationen zu verdanken: „Die Tiere werden zunehmend
kastriert und in Auffangstationen abgegeben.“ Dennoch bestehe weiterhin
Handlungsbedarf.
Ilona Bubeck hat die Aufnahme ihres Podencos nie bereut. Im Gegenteil: Vor
einigen Jahren holte sie sich einen zweiten Hund aus Spanien. Vielleicht
komme bald noch eine Hündin dazu: „Dann wahrscheinlich eine mit schwarzem
Fell – aus irgendeinem Grund will die nämlich niemand haben.“
19 May 2015
## AUTOREN
Clara Zink
## TAGS
Tierschutz
Hunde
Spanien
Rumänien
Tierheime
Tierschutz
Schwerpunkt Frankreich
Äthiopien
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