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# taz.de -- Bundestrojaner: Das Software-Wunder
> Offiziell ist die Entwicklung der neuen BKA-Spähsoftware seit April
> ausgesetzt. Doch nun soll der Bundestrojaner plötzlich fast
> fertiggestellt sein.
Bild: Einfach weitergearbeitet? Nun steht das BKA selbst im Verdacht
Offiziell besteht für die Entwicklung der neuen Spähsoftware des
Bundeskriminalamts (BKA) seit April ein Entwicklungstopp. Dennoch soll das
Hacker-Werkzeug, das RFS (Remote Forensic Software) genannt wird, bereits
fast fertiggestellt sein. So klingt es jedenfalls in einem aktuellen
Schreiben des Bundesinnenministeriums: "Die Entwicklung einer einsetzbaren
Version der RFS könnte bei Aufhebung des gegenwärtig verfügten
Entwicklungsstopps unverzüglich abgeschlossen sein."
Das verwundert doch sehr. War das BKA etwa schon im Frühjahr, als die
Arbeiten angeblich eingestellt wurden, mit der Entwicklung der staatlichen
Hacker-Software so weit fortgeschritten? Oder hat das Bundeskriminalamt die
politischen Vorgaben missachtet und heimlich weiterkonstruiert?
Im Herbst wurden dem BKA jedenfalls im Rahmen des "Programms zur Stärkung
der Inneren Sicherheit" vom Bundestag zwei Personalstellen, 225.000 Euro
Sachkosten und 200.000 Euro einmaliger Investitionsaufwand für neue
Hardware genehmigt. Damit sollte eine Software entwickelt werden, mit der
man "entfernte PCs" durchsuchen kann, ohne sie zu beschlagnahmen. Als die
staunenden Abgeordneten fragten, ob es dafür eine Rechtsgrundlage gebe,
verwies Innenminister Schäuble (CDU) auf die Vorschriften zur
Hausdurchsuchung.
Wenige Tage später stoppte ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs
(BGH) solche Onlinedurchsuchungen - weil es keine Rechtsgrundlage gebe. Das
heimliche Eindringen in einen Computer via Internet sei eben keine
Hausdurchsuchung. Im Februar bestätigte ein Senat des BGH diese Auffassung.
Im April wollte deshalb der Haushaltsausschuss des Bundestags wissen, ob im
BKA immer noch an der neuen Spähsoftware gearbeitet wird. Innenminister
Schäuble sah darin zunächst kein Problem, da es ja den Willen gebe, bald
eine Rechtsgrundlage für die Onlinedurchsuchung zu schaffen. Doch am 25.
April sagte BMI-Staatssekretär Johann Hahlen zu, dass die Arbeiten
eingestellt werden, "bis es eine Rechtsgrundlage gibt". Vor der Sommerpause
versuchte Schäuble das Moratorium zwar noch einmal rückgängig zu machen,
aber die SPD-Mitglieder im Haushaltsausschuss blieben hart. "Für uns gilt:
Das Geld folgt der Aufgabe", so Eva Hagedorn, die zuständige
SPD-Abgeordnete. BKA-Chef Jörg Ziercke war mächtig sauer. Und auch in
dieser Woche versicherte das BKA, dass man sich an den Entwicklungsstopp
halte.
Warum also ist die Hacker-Software trotz Stillstand schon fast fertig?
Denkbar ist, dass das BKA schon im Vorjahr einen einsatzfähigen Prototyp
entwickelt hatte, der mit den zusätzlichen Steuergeldern nur noch
verbessert werden soll. Immerhin wurde 2006 zweimal der Einsatz einer
Onlinedurchsuchung durch das BKA beantragt. Dagegen spricht aber Schäubles
Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion vom 10. April, wonach das BKA
erst die "technische Umsetzbarkeit einer Onlinedurchsuchung im Rahmen eines
Entwicklungsprojektes prüfe".
Möglich ist aber auch, dass die BKA-Programmierer in den letzten Monaten an
der Software weitergearbeitet haben und nur die Aufgabenstellung neu
definiert wurde. Sie könnten nun zum Beispiel eine ganz ähnliche Software
entwickeln, mit der Internettelefongespräche (via Skype und Ähnliches)
überwacht werden, was für das BKA besonders wichtig ist. Auch dazu müssten
die Ermittler in den Computer eines Verdächtigen eindringen. Das
Innenministerium sieht darin jedenfalls keine Onlinedurchsuchung, sondern
eine Telefonüberwachung - und die ist bekanntlich heute schon zulässig.
Das BKA sagte dazu gestern nur vieldeutig: "Natürlich forschen wir ständig
an neuen kriminaltaktischen Methoden."
31 Aug 2007
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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