# taz.de -- Berliner Adventskalender: Eberswalder Straße 21 | |
> Kaltes Licht fällt auf die Tischtennisplatte in der spärlich möblierten | |
> Tischtennisbar - wie auf einen Operationstisch. | |
Jedes Haus hat eine Nummer. Doch was dahintersteckt, wissen nur wenige. Zum | |
Glück gibt es Adventskalender: Da darf man jeden Tag eine nummerierte Tür | |
öffnen - und sich überraschen lassen. | |
Schwarze Folie verdeckt den Blick nach innen, nur eine metergroße | |
Fotografie in Schwarzweiß ist an der Glasscheibe zu sehen: Zwei junge | |
Frauen warten vor einer Tischtennisplatte auf den Rückpass. Darüber steht | |
in blauen Schriftzeichen "Dr Po" - ein paar Buchstaben fehlen. Einen | |
Schritt in das Haus in Prenzlauer Berg hinein, und man steht in einem | |
kahlen Raum mit ungestrichenen Wänden. Von der Decke hängen vier Kabel | |
hinunter, doch die Glühbirnen fehlen. Stattdessen leuchtet eine Neonröhre | |
kaltes weißes Licht hinunter auf die Tischtennisplatte, wie auf einen | |
Operationstisch. | |
Ein Samstagabend bei Dr. Pong: Tischtennistreff, Kneipe, Musikbar. "Die | |
Idee ist so einfach, dass man sich ärgert, nicht selbst draufgekommen zu | |
sein!", ruft später einer der Gäste. Bei Dr. Pong wird Rundlauf gespielt | |
und dazwischen (oder währenddessen) Bier getrunken und Musik gehört. Für 5 | |
Euro kann man sich einen der Schläger ausleihen, die aussehen, als hätten | |
Mäuse sie angefressen. | |
Der Raum füllt sich: Beim ersten Becks um 21 Uhr waren es noch zehn, beim | |
zweiten Becks sind es schon zwanzig Leute. Die 20- bis 30-Jährigen hier | |
sind vor allem Männer; den wenigen Frauen werden eher sanfte Bälle serviert | |
- wenn aber doch mal einer den Ball schmettert, erntet er gleich allseits | |
Protestrufe. | |
Vor vier Jahren hat der Amerikaner Oliver Miller aus New Mexiko die | |
Tischtennisbar eröffnet. Die Idee dazu kam ihm während seines | |
Architekturstudiums in den USA: Für seine Diplomarbeit musste der | |
35-Jährige ein Konzept für ein Erholungszentrum entwickeln. Er wollte | |
Aktivitäten vermischen, wie Party und Sport. In Berlin sah er den idealen | |
Ort dafür, mietete einen Raum und gründete Dr. Pong. Allerdings blieben | |
zunächst die Gäste aus. "Ich musste einfach durchhalten und das zu Ende | |
bringen", sagt Miller. Mittlerweile ist Dr. Pong eine feste Adresse bei den | |
Berlinern geworden und am Wochenende immer gut gefüllt. | |
Das dritte Becks wird bestellt, und über 30 Leute drängeln sich um die | |
Platte. Ein paar halten in der einen Hand den Schläger, in der anderen ein | |
Bier. Irgendwann reißt jemand eine Flasche um, die am Boden in Scherben | |
zerspringt - obligatorisch für einen Abend bei Dr. Pong. Kurz aufgewischt, | |
geht es gleich weiter. | |
Überhaupt steht hier nicht die Ausstattung im Mittelpunkt: "Die Subjekte | |
sind im Vordergrund", sagt Miller. Der einzige Anker in der Bar sei die | |
Tischtennisplatte, alles andere variiere. So auch die Musik: An diesem | |
Abend spielt der DJ französische 60er-Jahre-Musik, um später zu | |
französischem Hiphop und Indierock zu wechseln. Auf den beiden Sofas im | |
Nebenraum fläzen sich ein paar müde Gäste. | |
Ziemlich munter dagegen gibt sich eine gute Handvoll Ehrgeizige, aus deren | |
Kreis meist das Finale ausgetragen wird. Eine Bärtiger im bordeauxroten | |
Pulli hält in jeder Hand einen Schläger, wedelt damit eifrig herum und | |
ärgert sich, als er doch vorzeitig rausfliegt. Das Gros der Leute nimmt das | |
Spiel aber mit Spaß. Trotzdem wird sich jede Runde aufs Neue in die lange | |
Schlange eingereiht - man könnte ja doch ins Finale kommen. | |
20 Dec 2007 | |
## AUTOREN | |
Benjamin von Brackel | |
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