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# taz.de -- Staatsanwälte: "Von der Aue hätte gelassener sein können"
> Der umstrittene Staatsanwalt Roman Reusch wird versetzt. Dass die auf
> eigenen Wunsch passiert ist, bezweifelt Vera Junker, Vorsitzende der
> Vereinigung Berliner Staatsanwälte.
taz: Frau Junker, trifft der Eindruck zu, dass bei der Staatsanwaltschaft
Personalchaos herrscht?
Vera Junker: Der Eindruck ist falsch. In der Intensivtäter-Abteilung
herrschte in den letzten Tagen allerdings eine gewisse Unsicherheit
darüber, wer die Abteilung 47 weiterhin leiten wird und wer als Dezernent
dort arbeiten wird. Es ging um zwei Positionen, die sehr
öffentlichkeitswirksam sind.
Der bisherige Leiter der Abteilung 47, Roman Reusch, ist am Dienstag
versetzt worden. Die Grünen und Teile der Medien hatten dies in den letzten
Tagen wiederholt gefordert.
Die Medien sahen das höchst unterschiedlich. Die einen reagierten sachlich,
andere weniger sachlich
Die "Bild"-Zeitung feierte Reusch als Deutschlands mutigsten Staatsanwalt.
Die taz nannte ihn Justiz-Rambo.
Die Boulevard-Meinung der Bild-Zeitung interessiert mich nicht sonderlich.
Über die taz habe ich mich aber ziemlich geärgert. In dem Kommentar werden
falsche Tatsachen behauptet: Dass Herr Reusch gegen das Gesetz verstoße und
seine politische Meinung in seine Arbeit einfließen lasse. Beides ist
falsch. Das ist ehrabschneidend.
Reusch ist abgelöst worden, weil er in der Öffentlichkeit extreme Thesen
vertreten hat. Zum Bespiel hat er dafür plädiert, "ausländische Kriminelle
außer Landes" zu schaffen oder durch Sicherungshaft "aus dem Verkehr zu
ziehen".
Das sind politische Meinungen von Herrn Reusch. Ich teile sie nicht. Auch
viele andere Kollegen tun das nicht. Aber ich bin eine leidenschaftliche
Verfechterin der Meinungsfreiheit, solange sie nicht verfassungsfeindlich
ist. Meinungsfreiheit ist eines der wichtigsten Güter, die wir haben. Das
ist wichtig für den politischen Diskurs. Ich halte auch nichts von
Maulkörben für Staatsanwälte, solange deutlich wird, dass sie ihre
Privatmeinung und nicht die Meinung der Behörde vertreten.
Ist ein Staatsanwalt, der so denkt, noch in der Lage, Verdächtige -
unabhängig von Pass und Hautfarbe - gleich zu behandeln?
Natürlich. Jede Maßnahme, wie zum Beispiel Untersuchungshaft, wird von
einem Richter abgesegnet. Kaum eine Akte wird so öffentlich geführt und
geht durch so viele Hände, wie eine Strafakte. Staatsanwälte, deren
Vorgesetzte, Richter, Verteidiger - die Privatmeinung eines Staatsanwalts
kann sich in der Praxis gar nicht auswirken.
In Ihren Augen war Reusch als Leiter der Abteilung 47 also noch tragbar?
Absolut.
Es heißt, Reusch habe selbst um seine Versetzung ersucht.
Es handelt sich wohl eher um ein Gegangenwerden. Oberstaatsanwalt Reusch
hat die Intensivtäter-Abteilung mit Verve aufgebaut. Ich kann mir kaum
vorstellen, dass er plötzlich keine Lust mehr hatte.
Am Wochenende sorgte eine weitere Personalie für Aufregung: Mit dem
Staatsanwalt Rolf von Niewitecki sollte ein ehemaliger Vizelandeschef der
rechtsextremen Republikaner in die Abteilung 47 wechseln. Die
Behördenleitung hat nun anders entschieden. Richtig oder falsch?
Richtig. Jemand, der eine exponierte Stellung bei den Republikanern gehabt
hat, ist nicht als Dezernent in der Abteilung 47 tragbar.
Warum argumentieren Sie anders als bei Reusch?
Herr Reusch stand niemals auch nur annähernd in dem Verdacht, in der
rechten Ecke zu stehen.
Hat Justizsenatorin von der Aue ihren Laden noch im Griff?
Soweit ich weiß, wusste sie nichts von der Vorgeschichte bei den
Republikanern. Die Frage Reusch hätte sie meiner Meinung nach gelassener
handhaben können.
22 Jan 2008
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Schwerpunkt AfD
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