# taz.de -- Justizsenatorin: Gefangene ihrer Verhältnisse | |
> Der Handel mit Drogen und Handies in Jugendknast ist nur der jüngste | |
> Skandal im kurzen Dienstleben der Justizsenatorin. Wird Gisela von der | |
> Aue diesmal zurücktreten müssen? | |
Bild: Die Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) | |
Die Opposition lässt die Muskeln spielen. Am Mittwoch wollen die | |
Fraktionsvorsitzenden von CDU, Grünen und FDP persönlich im | |
parlamentarischen Rechtsausschuss erscheinen, um Justizsenatorin Gisela von | |
der Aue (SPD) zur Rede zu stellen. "Wir haben den Eindruck, dass ein Stuhl | |
etwas wackelt", so die grüne Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig. | |
Seit dem Bericht des ARD-Magazins Kontraste von Donnerstag steht von der | |
Aue in der Kritik, in der Jugendstrafanstalt Plötzensee einen schwunghaften | |
Handel mit Drogen und Handies geduldet zu haben. Sogar SPD-Parteichef | |
Michael Müller fiel ihr in den Rücken. Es sei nicht akzeptabel, "dass es | |
von Frühjahr bis Herbst braucht, bis neue Fenstergitter an den Zellen | |
angebracht sind." | |
Dabei ist es ist nicht das erste Mal, dass von der Aue unter Beschuss | |
steht. Erst seit November im Amt, ist die 1,56 große Frau so sturmerprobt | |
wie kein anderes Senatsmitglied. Im Januar kam der Medikamentenskandal im | |
Strafvollzug durch einen Fernsehbeitrag ans Licht. Intern war schon länger | |
bekannt, dass Mitarbeiter der Haftanstalt Moabit Pillen für sich | |
abzweigten. Von der Aues erste Reaktion war, den langjährigen | |
Justizsstaatssekretär Christoph Flügge in den Ruhestand zu schicken. Dabei | |
genoss Flügge in liberalen Justizkreisen einen exzellenten Ruf. Sie sei | |
machtversessen, autoritär und geltungssüchtig und versuche sich auf dem | |
Rücken eines verdienten Parteifreundes als große Aufklärerin zu | |
profilieren, so die folgende Kritik an der Justizsenatorin. | |
Das nächste Mal sorgte sie für Furore, als sie den Leiter der | |
Intensivtäterabteilung, Oberstaatsanwalt Roman Reusch, wegen dessen | |
Äußerungen in einem Spiegel-Streitgespräch disziplinarische Schritte erwog. | |
Reusch, der als Hardliner gilt, hatte sich darin in unzulässiger Weise für | |
Untersuchungshaft bei Jugendlichen als Erziehungsmittel ausgesprochen. | |
Und nun der schwunghafte Handel mit Drogen und Handies, der sich seit nach | |
Darstellung des TV-Magazins Kontraste seit Jahren an den Mauern der | |
Jugendstrafanstalt Plötzensee abspielt. Von der Aue wusste davon seit | |
Frühjahr. Den prompten Vorwurf, nicht gründlich durchgegriffen zuhaben, | |
wieß sie in gewohnter Weise zurück: Sie habe angemessen reagiert und sich | |
in der Sache kein Versagen vorzuwerfen. Engmaschige Gitter für die Fenster | |
seien bereits angefordert worden, sie müssten aber extra angefertigt | |
werden. Das brauche Zeit. | |
Von einem schwunghaften Handel mit Drogen könne überhaupt keine Rede sein. | |
Dies beweise die Tatsache, dass in den Urinkontrollen der Gefangenen kein | |
Anstieg des Drogenkonsums nachzuweisen sei. Und wenn im Jugendknast Drogen | |
kursierten, dann handele es sich in der Regel um Haschisch. Was wirklich | |
zugenommen habe, so von der Aue, seien Handies, die über die Mauer geworfen | |
würden. | |
In Justizkreisen will man sich mit diesen Erklärungen jedoch nicht | |
zufrieden geben. Von der Aue habe überhaupt kein Gespür, welche Bedeutung | |
der Strafvollzug für das Sicherheitsgefühl der Öffentlichkeit habe, lautet | |
die Kritik. "Sie reagiert wie eine Schnecke und hört nur auf den Rat ihrer | |
Vertrauten", heißt es in Staatsanwaltskreisen. | |
Anders sehen Rechtsanwälte die Vorwürfe. Der Vorsitzende der Vereinigung | |
der Berliner Strafverteidiger, Peter Zuriel, hält die Berichterstattung für | |
"reichlich aufgebauscht". Das Hauptproblem im Jugendknast sei der | |
Personalnotstand. Dieser gehe auf Kosten der Betreuung der Jugendlichen. | |
"Von der Aue wird zum Sündenbock für die Sparpolitik des Senats gemacht." | |
Von der Aue sei hingegen eine Justizsenatorin "ohne Fortune", meint der | |
ehemalige grüne Justizsenator Wolfgang Wieland. Aber wer glaube, dass sie | |
deshalb zurücktreten müsse, der kenne den Regierenden Bürgermeister Klaus | |
Wowereit (SPD) nicht. "Wenn die CDU das fordert, ist das für die | |
angeschossene Senatorin geradezu eine Lebensversicherung." | |
Wie recht er offenbar hat, zeigen Äußerungen aus der SPD am Montag. "Es | |
gibt keinen Grund für einen Rücktritt", erklärte Fraktionssprecher Peter | |
Stadtmüller. Von der Aue habe "problemadäquat reagiert", meint auch der | |
SPD-Rechtsexperte Fritz Felgentreu. | |
4 Sep 2007 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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