# taz.de -- Kommentar Eisernes Kreuz: Richtige Frage, falsche Antwort | |
> Wir brauchen Repräsentationsformen der Bundeswehr, die einer Zivilmacht | |
> entsprechen. Die ohne martialische Gesten und Totenkult auskommen. | |
Für Verteidigungsminister Jung ist die Sache klar: Das Militär soll in | |
Deutschland ebenso normal sein wie in anderen westlichen Ländern. Schluss | |
mit der Selbstbescheidung im öffentlichen Auftritt, die die die Bundeswehr | |
in der alten Bundesrepublik auszeichnete. Denn man kämpft ja, wenn auch | |
verhalten, in Afghanistan. Deshalb lässt Jung auf dem Gelände des | |
Verteidigungsministeriums ein öffentlich zugängliches und recht prunkvolles | |
Ehrenmal für gefallene Soldaten bauen. Deshalb soll es künftig eine | |
Tapferkeitsmedaille in Form eines Eisernen Kreuzes geben. Deshalb sollen | |
Rekruten am 20. Juli vor dem Reichstag aufmarschieren und mit Großem | |
Zapfenstreich vereidigt werden. Letzteres scheiterte allerdings gerade am | |
mannhaften Widerstand des Grünflächenamtes in Berlin-Mitte. | |
Es geht um eine Militarisierung des öffentlichen Raumes. Und um eine | |
Normalisierung der Bundeswehr, in der ohne Rücksicht auf dieZeit des | |
Nationalsozialismus wieder Eiserne Kreuze für Tapferkeit vergeben werden. | |
Und öffentlich toter Soldaten gedacht werden darf. | |
So kann man es sehen. In der Tat fordern Jungs forsche | |
Normalisierungsinszenierungen Widerstand heraus. Trotzdem reicht es nicht, | |
bloß "Nein" und "Nie wieder" zu sagen. Es gibt Fragen, bei denen es nicht | |
reicht, die Fahne des Antimilitarismus zu hissen. Wie soll die Bundeswehr | |
in der Demokratie repräsentiert werden? Wie gedenkt die Republik jener | |
Zivilisten und Soldaten, die für sie gestorben sind? Wir haben eine Armee, | |
aber wir wollen sie lieber nicht sehen, ist darauf keine Antwort. Deshalb | |
geht es darum, Repräsentationsformen der Bundeswehr zu entwickeln, die | |
einer Zivilmacht entsprechen. Die ohne martialische Gesten und Totenkult | |
auskommen und dafür die Demokratie selbst ins Zentrum rücken. Diese Debatte | |
darf nicht im Planungsstab des Verteidigungsministers geführt werden, sie | |
gehört in die zivile Öffentlichkeit. Jung will - wie der klandestine | |
Baubeginn des Ehrenmals zeigt - das Militärische im Alleingang und ohne | |
öffentliche Debatte normalisieren. Das ist die falsche Antwort auf eine | |
richtige Frage. STEFAN REINECKE | |
10 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
Stefan Reinecke | |
## TAGS | |
Bundeswehr | |
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