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# taz.de -- Verteidigungsministerium will Auszeichnung stiften: Orden für die …
> Bisher hatte die Bundeswehr auf eine Tapferkeits-Auszeichnung verzichtet.
> Doch der nun geplante Orden erinnert stark an das "Eiserne Kreuz" - einst
> Schmuckstück von Mördern.
Bild: Ehrenorden reicht nicht mehr - künftig soll auch Tapferkeit ausgezeichne…
Die Bundeswehr bekommt einen Tapferkeitsorden. Er gleicht stark dem
"Ehrenkreuz" der Bundeswehr, das seit 1980 verliehen wird. Je nach
Tapferkeitsgrad wird der neue Orden durch Eichenlaub oder einen roten
Rahmen variiert. So will man dem Bedürfnis der Bundeswehr entgegenkommen,
dass die mit den Auslandseinsätzen gewachsenen Risiken für die Soldaten
anerkannt werden.
Der Präsident des Reservistenverbands, Ernst-Reinhard Beck, findet den
neuen Orden "positiv", sagte er der taz. Beck, der für die CDU im Bundestag
sitzt, geht davon aus, dass die neue Medaille "noch in diesem Sommer" ihren
Weg durch Verteidigungs-, Innen- und Justizministerium finden werde.
Offiziell eingeführt wird sie durch Bundespräsident Horst Köhler.
Beck war es, der auf einer Veranstaltung des Reservistenverbands Anfang
März gefordert hatte, einen neuen Orden einzuführen - etwa in Form des
Eisernen Kreuzes. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) griff dies
schon vor Ort prompt und bestimmt nicht zufällig auf, erwähnte das Eiserne
Kreuz dabei aber nicht.
Becks Vorstoß verstanden jedoch viele als Aufforderung, den im Zweiten
Weltkrieg millionenfach vergebenen Kriegsorden wiederzubeleben. Zwar
erklärt das Verteidigungsministerium, der vom preußischen Architekten Karl
Friedrich Schinkel entworfene Orden spiegele den "Geist der
Befreiungskriege" gegen Napoleon wider. Und für Beck steht das 1956 als
Erkennungszeichen der Bundeswehr wieder eingeführte Kreuz längst "für Hilfe
und Solidarität statt für Tod und Verderben".
Doch kann das Symbol keinesfalls als unbelastet gelten. Der Historiker
Dieter Pohl vom Münchner Institut für Zeitgeschichte hat viele Verbrechen
im NS-Vernichtungskrieg im Osten untersucht, für die das Eiserne Kreuz
verliehen wurde. Die Täter konnten sich mit ihren Mordaktionen schwer
öffentlich brüsten, aber "holten sich die gesellschaftliche Anerkennung
eben über Orden", schreibt Pohl.
Etwas unbeachtet blieb in der Debatte, dass das Ehrenkreuz der Bundeswehr
ebenfalls schon das Eiserne Kreuz nachbildet - mit einem kleinen
Bundesadler in der Mitte. Bislang werden die Ehrenmedaille sowie das
Ehrenkreuz in Bronze, Silber und Gold nach Dienstjahren verliehen. So kann
die Ehrenmedaille schon nach sieben Monaten, das goldene Ehrenkreuz erst ab
20 Jahren bei der Bundeswehr vergeben werden. Nur für außergewöhnliche
Leistungen gibt es ein Ehrenzeichen vor der Zeit. Insgesamt wurden die vier
Ehrenzeichen 214.000-mal seit ihrer Einführung 1980 verliehen - an etwa
jeden dreißigsten aktiven Soldaten. Nur sah man diesen Orden bislang nicht
an, ob sie am Schreibtisch oder im Feld verdient wurden.
Verdienste wie die Rettung eines Kameraden mit einem eigenen Orden zu
belohnen, finden die Grünen in Ordnung. Verteidigungspolitiker Winfried
Nachtwei fordert allerdings, dass zivile Leistungen ebenfalls gewürdigt
werden. "Auch Zivilisten bewegen sich in Situationen, in denen kluger Mut
gefordert ist", sagt er. Würden nur Soldaten geehrt, wirke das so, als ob
"militärische Sekundärtugenden verklärt werden sollten". CDU-Mann Beck hat
nichts dagegen, auch "herausragende Leistungen im zivilen Wiederaufbau"
etwa in Afghanistan zu belohnen.
Der Bundeswehrverband begrüßt den Orden ebenfalls. Aber, sagt
Verbandssprecher Wilfried Stolze, "junge Menschen möchten ganz andere
Anerkennung vom Vaterland sehen". Den Soldaten seien in den vergangenen
Jahren Zulagen gekürzt, das Weihnachtsgeld halbiert worden. Rückhalt vom
Staat könnte "auch darin liegen, dass der Arbeitgeber nicht so knickrig
ist", sagt Stolze.
Während diese Debatte noch nicht beendet ist, zeichnet sich bereits die
nächste zum Thema Bundeswehr und Geschichtspolitik ab: Wie die taz erfuhr,
wurde mit dem Bau des umstrittenen Ehrenmals für gefallene Soldaten im
Bendlerblock in Berlin begonnen.
10 Jul 2008
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
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