# taz.de -- Drogenqualitätskontrolle: Clean, wenigstens die Drogen | |
> Organisationen aus der Drogenarbeit fordern eine Stelle für | |
> "Drugchecking" in Berlin. Konsumenten sollen wissen, was ihr Stoff | |
> enthält. Linke und Grüne unterstützen die Idee. Doch der Senat lehnt ab. | |
Bild: Wird hier geprüft, ob der Stoff sauber ist? | |
Wenn ein Schweizer Ecstasy-Konsument wissen will, was für Pillen er sich | |
jedes Wochenende einwirft, kann er seinen Stoff untersuchen lassen. In | |
Zürich, in der Nähe des Hauptbahnhofs, bietet die Beratungsstelle | |
Streetwork einmal in der Woche ein "Drugchecking" an. In Clubs und auf | |
Partys sind die Streetworker ebenfalls regelmäßig vertreten - mit einem | |
mobilen Labor. Jeder, der seine Drogen analysieren lässt, muss auch in ein | |
Beratungsgespräch einwilligen, berichtet Mitarbeiter Alexander Bücheli. | |
"Wir erreichen über das Drugchecking Leute, die sich von klassischen | |
Drogenhilfe-Angeboten sonst fernhalten." | |
Organisationen und Projekte, die mit Drogenarbeit zu tun haben, fordern | |
nach Informationen der taz nun eine vergleichbare Anlaufstelle auch für | |
Berlin. "Drugchecking kann Drogenkonsumenten vor gefährlichen | |
Verunreinigungen und Überdosierungen schützen und fördert einen | |
vorsichtigen Umgang mit psychoaktiven Substanzen", erklärt die in diesem | |
Jahr gegründete "Drugchecking-Initiative Berlin-Brandenburg". Zu den | |
Mitgliedern zählen neben Vereinen wie "Fixpunkt" und "Chill out" auch die | |
Suchtkoordination Friedrichshain-Kreuzberg und die Aidshilfe. | |
Auch die Fraktion der Linkspartei heißt die Einrichtung einer | |
Drugchecking-Stelle gut. Ebenfalls dafür sind die Grünen. "Trotz aller | |
Illegalität ist es wichtig, eine Art anonymen Verbraucherschutz zu | |
schaffen, um verunreinigte Substanzen vom Markt zu nehmen", so Benedikt | |
Lux, drogenpolitischer Sprecher. | |
Bislang lehnt der Senat Drugchecking allerdings ab. Man sei offen für die | |
Argumente, sagt eine Sprecherin von Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher | |
(Linkspartei). "Der Senat hat nach derzeitigem Kenntnisstand aber nicht die | |
Absicht, ein solches Projekt zu unterstützen." Kritiker befürchten, dass | |
"saubere" Testergebnisse zum Konsum ermutigen. | |
Ob Drugchecking mit dem deutschen Betäubungsmittelgesetz vereinbar wäre, | |
ist schwer zu beurteilen. Auch Staatsanwälte könnten argumentieren, dass | |
man mit der Untersuchung des Stoffs den Verbrauch begünstige, erklärt der | |
Strafrechtsprofessor Cornelius Nestler von der Universität Köln. Nimmt man | |
die Drogen zur Analyse an, bekäme man möglicherweise zudem Probleme wegen | |
des "unbefugten Besitzes" von Betäubungsmitteln. Sein Fazit: "Letztlich | |
muss die Politik entscheiden, ob sie eine solche sinnvolle | |
gesundheitspolitische Maßnahme ermöglichen will. Dann muss sie das auch | |
gesetzlich klarstellen." | |
Ganz neu ist die Idee des Drugchecking nicht: Mitte der Neunzigerjahre, zur | |
Hochphase des Technos, brachte der Verein "Eve & Rave" Berliner Drogen zur | |
Analyse in die Charité. Über ein Passwort konnten die Konsumenten | |
anschließend das Ergebnis abfragen. Das Ende des Projekts: "Die Polizei hat | |
die Räume des Vereins durchsucht, der Charité ist die Erlaubnis für die | |
Analyse der Proben entzogen worden", berichtet der Pharmazeut Tibor | |
Harrach, der damals dabei war. Drei Mitglieder von Eve & Rave kamen nur | |
knapp um einen Prozess herum. | |
In Zürich gibt es diese Probleme nicht. Tausende Ecstasy-, Speed- und | |
Kokainproben hat Streetwork inzwischen untersucht. Im Schnitt enthalte | |
jeder fünfte Stoff unerwartete Substanzen, etwa Schmerzmittel, berichtet | |
Bücheli. "Eine so wichtige Partystadt wie Berlin sollte ein | |
Drugchecking-Angebot aufbauen. Wir helfen gerne dabei." | |
15 Nov 2008 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
Antje Lang-Lendorff | |
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Drogenpolitik | |
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