# taz.de -- Prozess gegen Therapeuten in Berlin: Tödliche Pillen | |
> Seit gestern steht der Psychotherapeut Garik R. in Berlin wegen | |
> versuchten Mordes vor Gericht. Zwei seiner Patienten sollen an einer | |
> Überdosis Ecstasy gestorben sein. | |
Bild: Was war eigentlich drin? Auch das sollte während des Prozesses geklärt … | |
BERLIN taz | Das Ergebnis seiner "Psycholytischen Intensivsitzung" im | |
September 2009 waren zwei Tote, ein Komapatient und vier Vergiftete. Seit | |
gestern muss sich der Arzt und Psychotherapeut Garik R. vor dem Landgericht | |
Berlin unter anderem wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, | |
Körperverletzung mit Todesfolge und versuchten Mordes verantworten. | |
Zur Unterstützung ihrer Psychotherapie konsumierten neun Patienten unter | |
seiner Aufsicht das legale Methylon sowie das illegale Ecstasy mit dem | |
Wirkstoff Methylendioxyamphetamin (MDMA). Vor der Vergabe habe er seine | |
Patienten weder untersucht noch aufgeklärt, sagte Staatsanwalt Bernhard | |
Gierse. | |
Ein 59-jähriger Frührentner und ein 28-jähriger Student kollabierten und | |
verstarben. Aus Angst vor Entdeckung hatte Garik R. zwei Teilnehmer | |
gebeten, den jungen Mann aus seinem Haus zu schaffen - das sei versuchter | |
Mord, lautet die Anklage. | |
Vor zahlreichem Publikum schilderte der sichtlich bewegte 51-jährige | |
Therapeut, wie er an jenem Samstagmittag zunächst selbst LSD konsumierte, | |
"um aufmerksamer zu sein für die besondere Arbeit". Dann verabreichte er | |
seinen Patienten Kapseln mit Methylon. Er habe den körperlichen und | |
seelischen Zustand seiner Patienten gekannt. Die Einnahme sei freiwillig | |
und nach Aufklärung erfolgt, üblicherweise spreche man nicht über | |
Überdosierungen. Vor der Vergabe wog er das MDMA ab, dessen Qualität ein | |
befreundeter Lieferant getestet hatte. "Die Menge erschien mir zu groß", | |
sagte Garik R. Er habe erneut gewogen und sich letztlich auf die Waage | |
verlassen. | |
Als die Teilnehmer das Pulver eingenommen hatten, sich der Frührentner | |
unruhig auf dem Boden wälzte, der Student schluchzte und etliche zitterten, | |
war der Therapeut erst nicht besorgt. Zwei Stunden später habe er "erstmals | |
bei so einer Sitzung medikamentös eingegriffen" - mit Valium und Morphium. | |
"Ich habe den Umgang mit illegalen Substanzen völlig falsch eingeschätzt | |
und bin damit für den Tod zweier Menschen verantwortlich", sagte Garik R. | |
Sein Verteidiger Ferdinand von Schirach trug vor, ein Drogendealer sei noch | |
nie wegen gefährlicher Körperverletzung belangt worden. "Warum soll ein | |
Arzt schlechter gestellt werden als ein Dealer? Die Patienten wussten, was | |
sie taten. Wir glauben nicht an den Halbgott in Weiß, der alleinige | |
Verantwortung trägt." | |
12 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Uta Eisenhardt | |
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