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# taz.de -- Agrarpolitik des Schattenministers: SPD will die Genkartoffel
> Udo Folgart, Mitglied in Steinmeiers Kompetenzteam der SPD, meint:
> "Landwirtschaft ist in erster Linie Wirtschaft" und befürwortet
> Genkartoffeln und neue Tierfabriken.
Bild: Gentech-Kartoffel Amflora anbauen? Gute Idee, findet Folgart.
Der SPD-Schattenagrarminister Udo Folgart hat sich dafür ausgesprochen,
Landwirten den Anbau der BASF-Genkartoffel Amflora zu ermöglichen. Er will
auch den Bau von Mastanlagen für tausende Tiere fördern. "Man sollte
darüber nachdenken, den Anbau einer Kartoffelsorte Amflora, also einer
Stärkekartoffelsorte, zuzulassen", sagte Folgart der taz. Zudem wolle er in
Ostdeutschland eine "Veredelungsoffensive" mit "mehr
Tierproduktionsanlagen", da entstehe Arbeit. "Da bin ich offen für jede
Größe. Ich begrüße jeden Investor, jeden Landwirt", sagte Folgart.
SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat Udo Folgart vor wenigen
Wochen als Experten für Agrarpolitik in sein Kompetenzteam berufen.
Folgart, 53, Diplomagraringenieur, bewirtschaftet als Geschäftsführer der
Agro-Glien GmbH einen der großen Betriebe in Brandenburg mit über 1.200
Hektar Land, 220 Kühen. Er erhält jährlich knapp 300.000 Euro an
EU-Subventionen. Zudem ist er Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes.
Folgart sagte der taz: Die SPD habe - so hätten es ihm Kollegen erklärt -
"die Landwirtschaft bisher zu wenig als Wirtschaft betrachtet, sondern als
ein Element im ländlichen Raum, das es auch zu erhalten gilt". Er wolle
herausstellen, dass "Landwirtschaft in erster Linie Wirtschaft ist".
Mit seinem Vorstoß positioniert Folgart die SPD in der Agrarpolitik neu. In
den vergangenen vier Jahren schwarz-rote Koalition hatte sich die SPD
Gentechnik-kritisch gezeigt. Zuständig war vor allem SPD-Fraktionsvize
Ulrich Kelber, aber auch SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel. Beide sprachen
sich gegen die Zulassung der Genkartoffel Amflora und den Genmais Mon810
des US-Konzerns Monsanto aus.
In ihrem Wahlprogramm erklärt die SPD die Gentechnik zwar nicht zum Tabu.
Aber sie schreibt: Das Gros der Verbraucher "lehnt Genveränderungen in
Lebensmitteln ab". Die SPD wolle etwa gentechnikfreie Regionen stärken.
Und: "Interessen einzelner Branchen der Land- und Ernährungswirtschaft
sollten nicht mehr über die Ziele des Verbraucher- und Umweltschutzes
dominieren."
Genpflanzen werden für die herkömmliche Landwirtschaft entwickelt,
Ökobauern nutzen sie nicht. Das Erbgut der Kartoffel, Sorte Amflora, ist so
verändert, dass sie mehr Stärke liefert. Diese braucht die Industrie, um
Druckpapier glänzend oder Garn reißfest zu machen. Kritikern wie Stefanie
Hundsdorfer von Greenpeace macht ein Antibiotika-Resistenz-Gen Sorge, das
in Amflora auch eingebaut ist. Die Knolle könne sich unbemerkt ausbreiten,
manche Exemplare blieben bei der Ernte im Boden. Sie meint: "Amflora
gelangt in die Nahrungskette, die Antibiotikaresistenz überträgt sich auf
Tier und Mensch."
Die derzeitige CSU-Agrarministerin Ilse Aigner wollte den Folgart-Vorstoß
nicht bewerten. Deutschland könne Amflora nicht zulassen, meinte ihre
Pressesprecherin nur: "Die Entscheidung liegt bei der EU-Kommission."
Aigners Vorgängerin und grüne Spitzenkandidatin Renate Künast sagte: "Mit
Folgart katapultiert sich die SPD zurück in die agrarpolitische Steinzeit."
Er sei ein "simpler Lobbyist". Reinhild Benning vom Umweltverband BUND
sagte: "Setzt sich Folgart durch, wird die Industrialisierung der
Landwirtschaft vorangetrieben."
Folgart meint: "Es ist alles relativ", in Ostdeutschland gebe es "ganz
andere Strukturen". Es gehe manchmal um tausende Tiere, und "nur so sind
wir wettbewerbsfähig". Auch eine Mastanlage für knapp 70.000 Schweine, wie
sie im uckermärkischen Haßleben geplant wird, "passt nach Brandenburg",
findert er. Mit seiner Politik wolle er "gerade im ostdeutschen Raum
Bürgerinnen und Bürger bewegen, zur SPD zu halten".
27 Aug 2009
## AUTOREN
Hanna Gersmann
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