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# taz.de -- Kommentar Grüne SPD: Gefährliche Doppelstrategie
> Steinmeier schafft es, sowohl die ökologische Moderne als auch
> Massentierhaltung und Genanbau zu propagieren. Damit ruiniert er
> zielstrebig die Glaubwürdigkeit seiner Partei.
Die SPD hat einen Agrarlobbyisten als Landwirtschaftsminister in ihr
Schattenkabinett berufen. Warum? Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen.
Entweder war die Berufung von Udo Folgart ein Notnagel, ein Irrtum, eine
Unbedachtheit. Auszuschließen ist das nicht - die Rekrutierung von
Steinmeiers Kompetenzteam verlief ziemlich holprig. Wahrscheinlicher ist
anderes.
Folgart ist durchaus ein wohlplatziertes Puzzleteil in der
Wahlkampfstrategie der SPD. Man muss seine Berufung als Ergänzung und
Konterpart zu Steinmeiers volltönend "Deutschland-Plan" betitelter
Zukunftsskizze sehen. Dort ist viel von hochfliegenden Zielen für
erneuerbare Energien und Elektroautos die Rede. Die Botschaft lautet: Die
SPD wird grün. Die ökologische Moderne, die Steinmeier so energisch feiert,
soll eine in der Sozialdemokratie äußerst knappe Ressource erneuern: Sinn.
Der alte etatistische Glaube an die Kraft der Planung ist lange
ausgeblichen, die Rolle als Anwalt der kleinen Leute hat Schröder
nachhaltig zerstört. Dieses Sinnvakuum füllt nun die Zauberformel
"ökologische Industriepolitik", die Moral aufs Erfreulichste mit der
Aussicht auf neue Exportmärkte verbindet. Auch deshalb reklamiert die SPD
das Grüne so eifrig für sich.
Folgarts Berufung ist ein widersprüchliches Zeichen in diesem Prozess. Sie
soll zeigen, dass die SPD irgendwie bei sich bleibt. Richtig daran ist: Die
Grünen können als Mittelschichtspartei die Aldi-Kundschaft, die Wurst für
49 Cent kauft, ignorieren - die SPD kann das nicht. Sie muss Kompromisse
machen.
Folgart mag also Teil einer Doppelstrategie sein. Aber diese Taktik wird
nicht aufgehen. Denn seine Nominierung zeigt, dass die SPD auf einen
Agrarindustrie-Lobbyisten setzt, dem jede Antenne für Ökologie fehlt.
Folgart ist auch kein Zeichen für einen Kompromiss zwischen konventioneller
und ökologischer Landwirtschaft. Er ist das Symbol, dass die SPD ohne Not
vor der Agrarlobby kapituliert.
Kann sein, dass die SPD hofft, mit Folgart ihr Image bei Bauern im Osten
aufzupolieren. Sicher aber ist etwas anderes. Steinmeier & Co ruinieren
damit zielstrebig die Glaubwürdigkeit ihres ökologischen Wendemanövers. Der
letzte Bauernverbandsfunktionär, den die SPD zum Minister promovierte, war
Karl-Heinz Funke. Nach drei ruhmlosen Jahren musste er zurücktreten, wegen
BSE. Es ist die Vergesslichkeit der SPD, die so irritiert.
28 Aug 2009
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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