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# taz.de -- Massiver Medikamenteneinsatz bei Mast: Huhn gefüllt mit Antibiotika
> Fast alle Masthähnchen in NRW bekommen große Mengen Antibiotika
> verabreicht. In anderen Bundesländern sieht es nicht besser aus. Ein
> Maßnahmenplan fehlt.
Bild: "Glückliche" Hühner in "artgerechter" Haltung.
BERLIN taz | Über 96 Prozent der Hähnchen, die in NRW gemästet werden,
bekommen Antibiotika. Bis zu acht verschiedene Medikamente werden den
Tieren verabreicht. Wahrscheinlich nutzen Züchter die antimikrobiellen
Substanzen auch zum unerlaubten Wachstumsdoping. Das geht aus einer Studie
hervor, die der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes
Remmel (Grüne) gestern in Düsseldorf vorstellte. Die Ergebnisse seien
deutschlandweit übertragbar, so der Minister.
Der Einsatz von Antibiotika ist gefährlich, weil er die Entstehung
multiresistenter Keime fördert. Ende Oktober waren bereits Erkenntnisse der
Studie öffentlich geworden, von den zuständigen Behörden aber nicht
bestätigt worden. "Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Antibiotikaeinsatz
ist die Regel und gängige Praxis", sagte Remmel gestern. Jahrelang hätten
Geflügelwirtschaft und Bundesregierung das Gegenteil gesagt.
Das Landesamt für Verbraucherschutz hatte von Februar bis Juni 962
Hähnchenzuchtdurchgänge aus 182 Betrieben untersucht. Nur in 17 Prozent der
Züchtungen war auf Antibiotika verzichtet worden. Diese verteilten sich
aber überwiegend auf kleine Betriebe.
Insgesamt wurden weniger als vier Prozent der untersuchten Tiere ohne die
Wirkstoffe gemästet. Den Masthähnchen wurden im Schnitt drei verschiedene
Antibiotika verabreicht. Bei mehr als der Hälfte der Behandlungen erhielten
sie die Substanzen nur ein bis zwei Tage lang.
## Gesetzesreformen notwendig
Laut Remmel lässt das nur einen Schluss zu: "Entweder es handelt sich um
Wachstumsdoping - was seit 2006 europaweit verboten ist. Oder aber das
System der Tiermast ist derart anfällig für Krankheiten, dass es ohne
Antibiotika nicht mehr auskommt."
Das Ausmaß übertreffe alle Annahmen und erfordere einen nationalen
Maßnahmenplan. Falls Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) nicht zügig
handle, werde NRW "über den Bundesrat dafür sorgen, dass die notwendigen
Gesetzesreformen in Angriff genommen werden".
Remmel schlug vor, den Medikamenteneinsatz bei Geflügelzüchtern zu
erfassen, wie es seit Anfang des Jahres bei Schweine- und Rinderhaltern
geschieht. Zudem sollten die Leitfäden, die von Tierärzten zur Gabe von
Medikamenten entwickelt wurden, verbindlich und ein nationaler
Minimierungsplan eingeführt werden.
15 Nov 2011
## AUTOREN
Sebastian Fischer
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