# taz.de -- Prozess wegen Autobrandstiftung: Freispruch für Alexandra R. | |
> Der Prozess gegen eine 21-Jährige Berlinerin endet mit einer Schlappe für | |
> die Ermittler. | |
Bild: Das Tatbild bleibt unklar. | |
Spätestens seit dem letzten Wochenende stand fest: Die Anklage gegen | |
Alexandra R. war nicht mehr zu halten. Trotzdem forderte die Staatsanwältin | |
am Dienstag für die 21-jährige Angeklagte drei Jahre Haft wegen versuchter | |
Autobrandstiftung - und fuhr eine schwere Schlappe ein. Das Amtsgericht | |
folgte dem Antrag der Verteidigerinnen und verkündete Freispruch. | |
"Durchgreifende Zweifel" an einer Täterschaft der Angeklagten hätten das | |
Gericht zu der Entscheidung bewogen, sagte Amtsrichter Andreas Lach in der | |
Urteilsbegründung. Möglicherweise sei in der Tatnacht des 18. Mai 2009 in | |
Friedrichshain die falsche Person festgenommen worden. Für fünfeinhalb | |
Monate Untersuchungshaft bekommt Alexandra R. eine Entschädigung. Der | |
Haftbefehl war, wie berichtet, erst am vergangenen Wochenende aufgehoben | |
worden. | |
Von Anfang an hatte das Verfahren an einer Beweisführung der | |
Ermittlungsbehörden gekrankt, die zusammengeschustert wirkte. In ihrem | |
Plädoyer erklärten sich die Verteidigerinnen Undine Weyers und Martina | |
Arndt dies mit "einem hohen politischen Druck", Fahndungserfolge | |
vorzuweisen. | |
Schon im Juli hatte Amtsrichter Lach die Beschuldigte von der Haft | |
verschonen wollen, war aber aufgrund einer Beschwerde der | |
Staatsanwaltschaft vom Kammergericht daran gehindert worden. Darauf berief | |
sich jetzt auch wieder Staatsanwältin Andrea Hoffmann in ihrem Plädoyer. | |
Schon das Kammergericht habe im Sommer festgestellt, dass die Strafe auch | |
aus generalpräventiven Gründen erheblich ausfallen könne. Das Inbrandsetzen | |
von Autos sei in keinster Weise hinnehmbar und sorge in der Bevölkerung | |
zunehmend für Verunsicherung. | |
Alexandra R. war in der Tatnacht von zwei Polizisten in einem Spätkauf | |
festgenommen worden. Der eine Beamte hatte zuvor in der Liebigstraße ganz | |
kurz eine verdächtige dunkelgekleidete Person mit Basecap gesehen, danach | |
einen Feuerschein an einem Mazda. Dieser Hauptbelastungszeuge hatte im | |
Prozess eine widersprüchliche Täterbeschreibung abgegeben. Von einem | |
"sicheren Wiedererkennen" könne nicht gesprochen werden, sagte Lach in der | |
Urteilsbegründung. Auch sonst seien keinerlei Spuren gesichert worden, die | |
für eine Täterschaft von Alexandra R. sprächen, sagte Lach. Allein aus der | |
Tatsache, dass sie zu Hause Grillanzünder aufbewahrt, Zeitungsartikel über | |
Autobrandstiftungen gesammelt habe und zur linken Szene gehöre, dürfe ihr | |
kein Strick gedreht werden. | |
Anders Staatsanwältin Hoffmann. Ihr Eifer, die Angeklagte zu überführen, | |
gipfelte im Plädoyer in der Frage: "Wieso hatte sie ein Feuerzeug dabei, | |
aber keine Zigaretten"? - "Das grenzt an Böswilligkeit", konterte | |
Verteidigerin Weyers mit Verweis auf das Durchsuchungsprotokoll. Darin ist | |
eine Schachtel Zigaretten aufgeführt. | |
3 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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