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# taz.de -- Prozess wegen Autobrandstiftung: Landgericht bestätigt Freispruch
> Auch in zweiter Instanz wird Alexandra R. vom Vorwurf der
> Autobrandstiftung freigesprochen. Der Richter vermutet eine Verwechslung.
Bild: Das Tatbild bleibt unklar.
Das Landgericht Berlin hat am gestrigen Dienstag die 22-jährige Alexandra
R. vom Vorwurf der Autobrandstiftung freigesprochen. Damit bestätigte die
Kammer ein gleich lautendes Urteil in erster Instanz. "Der Angeklagten ist
die vorgeworfene Tat nicht sicher nachzuweisen", begründete der Vorsitzende
Richter Harald Jung die Entscheidung. Die Staatsanwaltschaft hatte
zweieinhalb Jahre Haft gefordert.
Die Freigesprochene hatte bereits vor dem ersten Prozess fünf Monate in
Untersuchungshaft gesessen. Diese Entscheidung, die damals das
Kammergericht fiel, rechtfertigte Jung nun. Die U-Haft sei damals wegen
"dringenden Tatverdachts" angemessen gewesen. Jedoch hätte sich der Vorwurf
in der Hauptverhandlung nicht erhärtet.
Vor dem Landgericht ging es vor allem um Detailfragen. Die geladenen Zeugen
waren weitgehend dieselben wie in der ersten Instanz, und eine extra in
Auftrag gegebene chemische Testreihe brachte zwar für die Gutachterin
überraschende Erkenntnisse, für den Prozess verwertbar waren sie jedoch
nicht.
So fragten Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidiger nach der Richtung,
in die die Kühlschranktüren des Spätkaufs aufgehen, wo R. festgenommen
wurde, und immer wieder nach dem Verbleib des mysteriösen Basecaps, das der
Polizist auf dem Kopf der verdächtigten Person gesehen haben will, das aber
auf keiner Asservatenliste auftauchte. Alles in der Hoffnung, Hinweise zu
finden, die eine Tat wahrscheinlich, möglich oder unmöglich erscheinen
lassen.
Die Widersprüche und Zweifel waren es schließlich, die zum Freispruch von
Alexandra R. führten. "Die Kammer geht davon aus, dass die Angeklagte Opfer
einer Verwechselung geworden ist", sagte Jung. Das Gericht zweifelte damit
an der Aussage des Polizisten Sch., die Festgenommene sei auch die Person
am Tatort gewesen. Auf diesem Wiedererkennen basierte allerdings die
Anklage. Allerdings hat Sch. erst in seiner zweiten Vernehmung angegeben,
dass er die Person am Tatort erkannt habe.
Allerdings sei es zu dem Zeitpunkt nicht nur dunkel, sondern auch
regnerisch gewesen und das Gesicht der Person am Tatort möglicherweise zum
Teil durch ein Basecap verdeckt - hier widersprechen sich die Aussagen des
Polizisten.
Die Verteidigung äußerte in ihren Plädoyers die Vermutung, dass der Zeuge
seine Aussage nach einer Beeinflussung von höherer Ebene verändert habe, um
so überhaupt eine Anklage zu ermöglichen. Hintergrund der Vermutung: Die
nun Freigesprochene war zum Zeitpunkt der Festnahme die erste Person, die
nach einer monatelangen Serie von Brandanschlägen auf Autos als politisch
motivierte Täterin präsentiert wurde. Entsprechend groß war die Empörung
der Boulevardmedien, als sie kurz nach ihrer Festnahme wieder freigelassen
wurde - nur um kurz darauf erneut festgenommen zu werden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hat eine
Woche Zeit, Revision einzulegen.
30 Jun 2010
## AUTOREN
Svenja Bergt
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