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# taz.de -- Prozess gegen mutmaßlichen Autobrandstifter: Täter brennend gesuc…
> Bei zwei Prozessen gegen mutmaßliche Autobrandstifter bröckeln die
> Anklagen. Die Staatsanwaltschaft setzt weiter auf Verurteilung - denn der
> politische Druck ist enorm.
Bild: Ein brennender Lastwagen in Kreuzberg
Die politische Aufladung könnte kaum größer sein, doch die Anklagen
wackeln: Am Freitag wurden zwei Prozesse gegen die bisher einzigen
angeklagten Berliner Autobrandstifter, Alexandra R. und Christoph T.,
fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft ist dennoch überzeugt, die richtigen
Täter vor sich zu haben.
Im Verfahren gegen Alexandra R. machte der Hauptbelastungszeuge, ein
28-jähriger Polizist, am Freitag einen so wenig überzeugenden Eindruck,
dass die Verteidigung nach dessen Aussage die sofortige Aufhebung des
Haftbefehls beantragte. Alexandra R. soll Mitte Mai versucht haben, einen
Mazda in der Liebigstraße in Friedrichshain mit Grillanzündern in Brand zu
setzen. Der Beamte, Matthias Sch., hatte die 21-Jährige in der Tatnacht
zusammen mit einer Kollegin in einem Spätkauf festgenommen. Zuvor hatte er
in der Liebigstraße eine verdächtige Person wahrgenommen, kurz darauf einen
Feuerschein an dem Mazda. Allerdings konnten Sch. und seine Kollegin die
Person nicht lückenlos verfolgen.
Ihren Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls begründeten die Verteidigerinnen
mit fehlenden objektiven Beweismitteln wie DNA-Spuren und Sch.s
widersprüchlichen Beschreibungen der Tatverdächtigen. So hatte Sch. in
einer Strafanzeige nur von einer dunkelgekleideten Person mit Basecap
gesprochen, später gab er plötzlich an, der Person auch ins Gesicht
geschaut zu haben. Sollte er dieses genauer beschreiben, musste Sch.
allerdings passen - auch am Freitag.
Staatsanwältin Andrea Hoffmann forderte dagegen eine Haftfortdauer. Vorerst
mit Erfolg - Amtsrichter Andreas Lach will die Entscheidung über den Antrag
erst am Montag verkünden. Lach hatte bereits einmal den Haftbefehl für
Alexandra R. gegen Kaution außer Vollzug gesetzt. Die Staatsanwaltschaft
hatte dagegen erfolgreich Beschwerde eingelegt.
Bereits am Mittwoch war hingegen der in einem Parallelprozess angeklagte
Christoph T. aus der U-Haft entlassen worden. Eine Verurteilung sei
unwahrscheinlich, so Richter Ralf Fischer. Am Freitag wurde der Prozess nun
ganz ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft hatte ein neues Brandgutachten
gefordert, dem sich der Richter anschloss.
Christoph T. wird beschuldigt, Mitte Juni mit einem Komplizen einen VW
Passat in der Pettenkoferstraße in Friedrichshain mit Lampenöl angezündet
zu haben. Beim Prozessauftakt hatte ein Brandexperte die Anklage zerlegt:
Im Brandschutt habe sich kein Lampenöl befunden, die gefundenen Anhaftungen
an T.s Kleidung könnten bereits lange vor der Tat dorthin gelangt sein.
Staatsanwältin Pamela Kaminski kritisierte die Schlüsse des Gutachters am
Freitag als "fernliegend". Die Menge und Konzentration der Ölreste an
Kleidung und Händen des Angeklagten lege ein zeitnahes Hantieren nahe. Auch
Richter Fischer bezeichnete die bisherigen Expertisen als "nicht
vollständig überzeugend". Der Prozess werde fortgesetzt, wenn sich ein
neuer Gutachter in den Fall eingearbeitet habe.
Die brüchigen Anklagen gegen Christoph T. und Alexandra R. stellen Justiz
und Polizei vor Probleme. 176 Autos wurden in Berlin seit Jahresbeginn
abgefackelt, 62 mit beschädigt. Dagegen schnappte die Polizei nur ein
Dutzend Verdächtige - oft mit wackliger Beweislage. Erst Ende September
wurde ein 24-jähriger Niederländer wegen mangelnder Beweise freigelassen.
Der Druck, endlich Verurteilungen vorzuweisen, ist enorm. "Politiker und
Richter, stoppt diesen Wahnsinn", krakeelte die Bild. Auch Innensenator
Ehrhart Körting (SPD) hofft auf abschreckende Urteile. Welche Bedeutung die
Ankläger den jetzigen Prozessen zumessen, bewies am Freitag
Oberstaatsanwalt Thomas Schwarz: Morgens saß er als Ankläger im Prozess
gegen Christoph T. - am Mittag als Zuschauer bei Alexandra R.
23 Oct 2009
## AUTOREN
Plutonia Plarre
Konrad Litschko
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