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# taz.de -- Reaktionen aus der islamischen Welt: "Das schönste Geschenk für A…
> Nach den fünftägigen Bayram-Feiertagen reagiert die islamische Welt
> langsam, schockiert – aber auch besonnen. Ein Blick auf die Reaktionen
> zum Schweizer Minarett-Volksentscheid.
Bild: Besonnen und gar nicht böse auf die Schweizer? Frauen in Malaysia.
"Wir sind aufgewacht und blicken schockiert auf ein Land der Toleranz, in
dem die Demokratie zu Rassismus wurde," schreibt die staatliche ägyptische
Tageszeitung Al-Akhbar.
"Es ist total deprimierend," fasst Ägyptens Mufti Ali Gomaa seine
Gefühlslage zusammen. Es werde schwer für die religiösen Institutionen in
der Islamischen Welt, den Ärger der Menschen zu kontrollieren, glaubt er.
Die Prinzipien von 20 Jahren Dialog, in dem beide Seiten gelernt haben,
sich gegenseitig zu respektieren, seien teilweise über Bord geworfen
worden.
Auch der Großscheich der Islamischen Al-Azhar Universität in Kairo,
Muhammad Al-Tantawi, eine der wichtigsten Autoritäten im sunnitischen
Islam, warnt vor den Konsequenzen des Schweizer Referendums, "die dazu
führen werden, dass der Hass, die Feindschaft und die Abgrenzung zu
Muslimen gefördert wird."
Die beiden wichtigsten Repräsentanten des Islamischen Establishments in
Ägypten hatten sich am Dienstag mit dem Schweizer Botschafter in Kairo
Dominik Furgler getroffen und ihn aufgefordert, der Schweizer Regierung
ihre Einwände gegen die Volksentscheidung vorzutragen.
Furgler versuchte sich indes in Schadensbegrenzung und erklärte, dass die
Entscheidung in einem demokratischen Rahmen gefallen sei und nicht bedeute,
dass Muslime in der Schweiz nicht willkommen seien.
Auch auf muslimischer Seite zeigt man sich meist bemüht, die Wellen nicht
zu hoch schlagen zu lassen. Die Schweizer Muslime müssten trotz der
Entscheidung zeigen, dass sie mit ihrer Gesellschaft kooperieren und
müssten ihrer Heimat ihre Loyalität versichern,“ forderte der prominenteste
arabische Fernseh-Scheich, Yussuf Al-Qaradawi. "Muslime könne in der
Schweiz auch ohne Minarette beten", sagt er, fügt aber hinzu: "die
Entscheidung führt dazu, dass sich die Muslime in der Schweiz als Fremde
fühlen in einem Land, das sie nicht haben will."
Auch der ägyptische islamische Intellektuelle Muhammad Emara warnt in der
unabhängigen ägyptischen Tageszeitung al-Masri Al-Youm vor einer
"islamischen Überreaktion." "Es geht hier um das Verbot des Baus von
Minaretten und nicht um die Freiheit, in der Schweiz seine Religion zu
praktizieren." schreibt er. Das Minarettverbot könnte auch als Ausdruck des
Säkularismus gewertet werden.
Die Frage sei vielmehr, ob die Muslime in der Schweiz nun zu Opfern
religiöser Unterdrückung werden und dagegen auch vor Gericht ziehen können.
"Es wäre nicht überraschend, wenn wir auch in der Schweiz bald eine neue
Marwa El-Scherbini erleben werden,“ kommentiert auch Al-Akhbar, mit
Hinweis, auf die in einem Dresdner Gerichtsaal im Sommer ermordete
Ägypterin Marwa.
Immer wieder weisen die arabischen Medien darauf hin, dass die Schweizer
Entscheidung Wasser auf den Mühlen radikaler Muslime ist. "Das ist das
schönste Geschenk, das Al-Kaida dieses Jahr bekommen hat, da es ihrer
Propaganda dienlich ist", schreibt die überregionale arabische Tageszeitung
Al-Quds Al-Arabi und fordert, dass nicht nur der Vatikan und die Schweizer
Bischöfe, das Ganze als eine Schlag gegen die Religionsfreiheit
verurteilen, sondern dass auch europäische Regierungen klar Position
beziehen.
Einige wenige Kommentare geben sich selbstkritisch. "Hätten wir nicht ein
ähnliches Ergebnis, wenn wir in Ägypten ein Referendum über den Bau von
Kirchen abhalten würden", fragt die unabhängige ägyptische Tageszeitung
Nahed Masr.
Vereinzelt werden auch Stimmen laut, die Maßnahmen gegen die Schweiz
einklagen. So ruft der für seine politischen Kapriolen bekannte ägyptische
Parlamentsabgeordnete Mustafa Bakri zu einen Boykott von Schweizer
Produkten auf, während der türkische Europaminister Egemen Bagis versucht
die Gunst der Stunde zu nutzen. Er fordert wohlhabende Muslime in aller
Welt auf, ihre Vermögen aus der Schweiz abzuziehen und woanders anzulegen:
am besten in der Türkei.
2 Dec 2009
## AUTOREN
Karim Gawhary
Karim El-Gawhary
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