# taz.de -- Blockierte Nazi-Demo in Dresden: Niederlage für die Rechten | |
> Um 16:48 Uhr war klar: Die Rechtsextremen marschieren nicht. Über 10.000 | |
> Demonstranten verhinderten den "Trauermarsch" der Nazis. Deren Frust | |
> wirkte nach. | |
Bild: Keine Chance für Nazis, am 13. Februar 2010 in Dresden. | |
DRESDEN taz | "Wir wollen marschieren. Die Straße frei der Deutschen | |
Jugend" hallte es über den Schlesischen Platz vor dem Neustädter Bahnhof. | |
Etwa 6400 Rechtsextreme waren zu dem "Trauermarsch" zum Jahrestag der | |
Bombardierung Dresdens angereist. Um 16.48 Uhr erfolgte jedoch die letzte | |
Polizeiansage an die Rechten: "Sie werden nicht marschieren. Für die | |
Sicherheit der Teilnehmer kann nicht garantiert werden". | |
Stöcke, Flaschen und Knallkörper flogen sofort auf Polizei und | |
Journalisten. Vereinzelt versuchten Rechtsextreme, Polizeigitter zu | |
überwinden. Mit Mühe konnten die Nazi-Ordner ihre Kameraden zurückdrängen. | |
Der 13. Februar 2010 war nicht "ihr Tag". Um 17.20 lief über den | |
Twitter-Kanal der rechten Szene die Nachricht: "Der Trauermarsch hat nicht | |
stattgefunden". | |
Vor einem Jahr hatte die rechtsextremen Szene, mit ähnlicher Teilnehmerzahl | |
wie in diesem Jahr, hier in der Stadt den größte Marsch in der deutschen | |
Nachkriegsgeschichte geschafft. Als "unseren Tag" wurde der "Trauermarsch" | |
2009, den die "Junge Landsmannschaft Ostdeutschland" (JLO) verantwortet, | |
gefeiert. In diesem Jahr war aber schon früh offensichtlich, dass es nicht | |
die Rechtsextremen waren, die den Tag bestimmen sollten. Auf der anderen | |
Seite der Elbe, in Dresdens Altstadt, nahmen über 10.000 Menschen an der | |
symbolischen Menschenkette gegen den Marsch der Nazis teil. In der Neustadt | |
blockierten Gruppen von 200 bis zu 1.000 Personen alle Straßen rund um den | |
Bahnhof und saßen Stunden auf den vereisten Straßen. | |
"Eine Polizeiarmee missachtet unser vor Gericht erstrittenes Recht zu | |
demonstrieren" schimpfte derweil auf dem Platz Björn Clemens, | |
stellvertretender JLO-Bundesvorsitzender. Die JLO verbitterte, das die | |
Polizei nicht die Blockaden räumte. Eiges an "Szeneprominenz" war gekommen, | |
darunter der Rechtsrocker "Lunikoff", DVU-Chef Matthias Faust und die | |
NPD-Fraktionschefs aus Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, Holger Apfel und | |
Udo Pastörs. Gruppen aus Schweden, Dänemark, Slowakei, Österreich und | |
Frankreich waren außerdem nach Dresden gekommen. | |
Der NPD-Bundesvorsitzende erklärte am Rande: "Wenn wir angegriffen werden, | |
werden wir uns verteidigen". Vielleicht wollte er darauf anspielen, dass | |
seine Kameraden schon bei der Anreise mit Gegendemonstranten | |
zusammengestoßen waren. Ohne große Polizeibegleitung war auch eine Gruppe | |
von über 3.000 Rechtsextremen, meist im Look der "Autonomen Nationalisten" | |
durch die Neustadt Richtung Bahnhof gezogen. Mehrmals griffen sie | |
Demonstranten an. "Bitte gehen Sie einfach, wir kriegen das nicht hin" | |
sagte ein Polizeibeamter warnend zu den Journalisten. Am Bischofsplatz | |
schlugen Rechte auf Jeden ein, den sie erwischen konnten. Vor dem Bahnhof | |
würdigte die JLO jene Kameraden, die sich den Weg "erkämpft" hätten. | |
Die JLO erklärte nur knapp: "Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern für | |
ihren beispiellosen Einsatz und ihr diszipliniertes Auftreten". Der | |
JLO-Verantwortliche Kai Pfürstinger droht eine juristische Überprüfung an, | |
aber auch über einen Strategiewechsel nachzudenken. Er versichert jedoch: | |
"Wir werden Dresden nicht als Aufmarsch in Frage stellen". | |
Der Frust wirkte am Samstagabend nach. Auf dem Rückweg zogen rund 100 | |
Rechtsextreme in Pirna vor ein SPD-Bürgerbüro. Mit Pflastersteinen | |
schmissen sie Scheiben ein. In Gera versuchten etwa 200 Rechte eine | |
"Spaziergang". 183 davon nahm die Polizei wegen Landfriedensbruch fest. | |
14 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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