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# taz.de -- Nazi-Aufmarsch in Dresden: "Ausgerechnet vom Bahnhof"
> In Dresden-Neustadt gibt es keine erlaubte Kundgebung gegen die Nazis,
> dennoch ist für 10 Uhr am Albertplatz zu einer Veranstaltung aufgerufen.
> Über 1.000 Teilnehmer bei Antifa-Demo.
Bild: Weiße Rose auf Gedenktafel (in der Nähe des Bahnhofs Dresden-Neustadt),…
Im verschneiten Dresden sind am frühen Morgen viele Menschen unterwegs. Die
Kälte hält sie am Samstag nicht ab, in der Neustadt zu einer möglichen
Kundgebung zu gehen. "Antifaschismus überlassen wir nicht dem Staat", steht
auf einem Transparent an einem Kino.
Ein Plakat "Nazis raus aus Dresden-Neustadt" verrät, wo die meist jungen
Erwachsenen hinwollen: "Albertplatz 10.00". In der Nacht wurden die Plakate
noch schnell geklebt. Das an diesem 13. Februar alle Kundgebungen gegen den
Neonazimarsch in dem Stadtteil verboten sind, hat wenig demobilisiert.
"Jetzt erst recht" scheint das Motto der Gegendemonstranten zu sein.
Bereits am Freitagabend waren über 1.000 Demonstranten vom Albertplatz in
die Altstadt gezogen. "Oma, Opa und Hans-Peter waren keine Opfer, sondern
Täter" skandierten sie. Bewusst griffen die Organisatoren den "Mythos
Dresden" an. Die Stadt habe durch ihre Erinnerungspolitik das Erstarken des
rechtsextremen "Trauermarsch" anlässlich der Bombardierung der Stadt 1945
mit zu verantworten, heiß es hier in den Reihen, und auch durch die
Gleichsetzung von linken Gegenprotest und rechten Marsch. "Keine Versöhnung
mit Deutschland" war so auch das Demomotto.
Die Parolen verschreckten an dem Abend Passanten aber nicht. "Die haben
doch recht", meint ein Herr am Straßenrand. "Die Stadtverwaltung hat den
Marsch in der Neustadt zugelassen, während die 'Oberen' in der Altsstadt
weit weg vom Geschehen protestieren".
Ein auffallend älterer Herr stimmt zu und erzählt: "Ich habe die
Luftangriffe 45 erlebt. Schlimm war es, fürchterlich". Und er betont, den
Tränen nahe, weil das Datum ihn "immer so berühre": "Diese Nazis darf man
dieses Gedenken nicht für sich instrumentalisieren lassen. Das hat die
Politik aber". Einschätzungen und Aussagen, denen eine ältere Frau nicht so
zustimmt. "Ach, ich möchte nüscht sagen" sagt sie. Um dann aber doch
anzumerken: "Ausgerechnet vom Bahnhof".
Gegen 12 Uhr soll dort am Neustädter Bahnhof der Marsch der "Jungen
Landsmannschaft Deutschland" beginnen. Hier, wo Juden aus Dresden während
des Nationalsozialismus deportiert wurden. Am Freitagmittag legten bereits
Demonstranten Gebinde an die Denktafel.
Seit dem Bekanntwerden des Auftaktortes des "Trauermarsches" intensivierte
die rechtsextreme Szene die Mobilisierung. Anweisungen, Tipps und Tricks
für die Anreise wurden auf Websites verbreitet. "Es wird nicht ein Marsch
wie die Jahre zuvor, es wird eine Machtprobe werden" ist noch eine moderate
Androhung. Offen wird nicht bloß auf Altermedia von Angriffen auf die
Gegendemonstranten gesprochen. Ein Tipp auf Szeneportal: "Schon ein Stein
in der Frontscheibe kann das Ende der Fahrt bedeuten…".
Diese Drohungen müssen erst genommen werden, sagt Kerstin Köditz,
Landtagsabgeordneter der "Linken" am Rande der Demonstration. "Vergangenes
Jahr war es zu Übergriffen aus dem rechten Marsch gekommen", sagt sie.
"Nicht bloß Gewerkschafter griffen Neonazis auf dem Rückweg an", erinnert
Köditz.
Nicht alle Gegenaktionen sind untersagt. In der Altstadt können
Demonstranten sich ab 13.00 an einer Menschenkette beteiligen.
13 Feb 2010
## AUTOREN
Andreas Speit
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