# taz.de -- Iranisches Atomprogramm: Hoffen auf neue Sanktionen | |
> Helfen Sanktionen, falls Iran wirklich die Entwicklung von Atomwaffen | |
> plant? UN-ExpertInnen bezweifeln das. Eine Auswertung bisheriger | |
> Maßnahmen liegt nicht vor. | |
Bild: Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad in der Urananreicherungsan… | |
GENF taz | Im Konflikt um das iranische Atomprogramm soll der | |
UN-Sicherheitsrat bis spätestens Ende März neue Sanktionen verabschieden, | |
um Teheran zur Einstellung der Urananreicherung sowie zur uneingeschränkten | |
Kooperation mit der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO) zu | |
zwingen. Darauf dringen die drei ständigen Ratsmitglieder USA, | |
Großbritannien und Frankreich sowie Deutschland. Bei den Beratungen dieser | |
vier Staaten mit Russland und China im Rahmen der sogenannten | |
Iran-Sechsergruppe hoffe man, bis Ende Februar eine Vereinbarung über | |
Grundelemente einer neuen Sanktionsresolution gegen Teheran zu erzielen, | |
hieß es am Wochenende in westlichen Diplomatenkreisen. | |
Doch selbst wenn es zu einer Einigung im Sicherheitsrat kommen sollte: | |
UN-ExpertInnen haben angesichts der bislang völlig gescheiterten Strategie, | |
auf Iran Druck auszuüben, erhebliche Zweifel, dass eine Verschärfung von | |
Sanktionen die Führung in Teheran zu der gewünschten Verhaltensänderung | |
bewegen wird. | |
Vor genau fünf Jahren, im Februar 2005, hatten das EU-Trio (Frankreich, | |
Großbritannien, Deutschland) und die USA erstmals die Forderung erhoben, | |
Iran solle die Urananreicherung auf eigenem Territorium vollständig | |
einstellen. Im Herbst 2006 setzten das EU-Trio und die USA diese Forderung | |
zunächst im Gouverneursrat der IAEO in Wien und dann auch im | |
UN-Sicherheitsrat durch. Auch die bislang drei Sanktionsresolutionen des | |
Rates erfolgten auf Antrag der vier westlichen Staaten. Resolution 1737 vom | |
Dezember 2006 verbietet Geschäfte mit dem Iran über Stoffe, Geräte, Güter | |
und Technologie, die zur Urananreicherung oder zum Atom- und | |
Raketenprogramm Irans beitragen könnten. Im März 2007 untersagte der | |
Sicherheitsrat mit seiner Resolution 1747 Rüstungsexporte aus dem Iran. | |
Außerdem wurde das Vermögen von 28 Personen und Unternehmen eingefroren, | |
die am Atom- und am Raketenprogramm Teheran beteiligt sind. | |
Mit seiner Resolution 1803 von März 2008 verbietet der Rat schließlich | |
Geschäfte mit dem Iran bei Gütern, die sowohl für zivile als auch für | |
militärische Zwecke genutzt werden können. Die Resolution erlaubt die | |
Durchsuchung von Flugzeugen und Schiffen auf verbotene Güter, die von der | |
Iran Air Cargo und der Islamic Republic of Iran Shipping Line betrieben | |
werden. Angeordnet wurde zudem die Beobachtung zweier verdächtiger Banken, | |
Bank Melli und Bank Saderat. Eine Bilanz dieser Maßnahmen liegt bisher | |
nicht vor. | |
Für die neue Sanktionsresolution kursieren unter den vier westlichen | |
Staaten verschiedene Vorschläge. Die USA wollen die iranische Zentralbank | |
und die wichtigsten Banken des Landes auf eine schwarze Liste setzen. In | |
der Folge würden Auslandskredite teurer, außerdem würde der Außenhandel | |
erschwert. Washington will, unterstützt von Berlin, zudem hochrangige | |
Mitglieder der Revolutionswächter auf eine schwarze Liste setzen lassen. | |
Sie erhielten Einreiseverbot, ihr im Ausland angelegtes Kapital würde | |
eingefroren. | |
Nach anderen Vorstellungen sollen die iranischen Reedereien mit | |
Anlege-Verboten belegt werden. Aus Frankreich kommt der Vorschlag, Irans | |
Energiesektor mit Sanktionen zu treffen, unter anderem durch ein Verbot von | |
Benzinlieferungen an Iran. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bereits | |
vergangenes Jahr erklärt, man müsse über Sanktionen im Energie- und | |
Finanzbereich nachdenken. | |
Russland erklärte inzwischen im Prinzip, aber noch nicht im Detail | |
Zustimmung zu einer neuen Sanktionsresolution. Aus China gibt es Signale, | |
man werde auf ein Veto verzichten und sich enthalten - wenn die Resolution | |
kein Verbot für iranische Ölexporte enthält. China bezieht 15 Prozent | |
seiner Ölimporte aus Iran - mit steigender Tendenz. | |
Sollte die iranische Führung tatsächlich die in westlichen Hauptstädten | |
vermutete oder gar als Tatsache unterstellte Absicht zur Entwicklung von | |
Atomwaffen haben, würde sie auch eine Verschärfung von Sanktionen nach | |
Einschätzung von UN-ExpertInnen nicht daran hindern. Denn Iran verfügt | |
inzwischen über alle zur Atomwaffenentwicklung erforderlichen Rohstoffe, | |
Technologien und Kenntnisse (Natururan, Urananreicherungsanlagen, Raketen | |
sowie das Design für einen Atomsprengkopf) und wäre auf Zulieferungen aus | |
dem Ausland nicht mehr angewiesen. | |
15 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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