# taz.de -- Sanktionen gegen den Iran: Die Hintertür in Dubai | |
> Der Iran ist für das Emirat der wichtigste Handelspartner. So gelingt es | |
> dem Iran, die Sanktionen zu umgehen und viele seiner Geschäfte über den | |
> kleinen Nachbarn abzuwickeln | |
Bild: Der gigantische Hafen von Dubai liegt gerade einmal 100 Kilometer vom wic… | |
KAIRO taz | Das Golfemirat Dubai scheint den American Way of Life gepachtet | |
zu haben. Die ganze Skyline der Wolkenkratzer, deren Glasfassaden in der | |
milden Wintersonne glitzern, erinnert an eine amerikanische Großstadt. | |
Überragt wird das Ganze vom neuen Wahrzeichen der Stadt, dem Burj | |
Al-Khalifa, dem höchsten Gebäude der Welt. Doch nicht alles hier läuft nach | |
amerikanischem Geschmack. | |
Der Schatten des Burj Al-Khalifa fällt ausgerechnet auf das ebenfalls | |
zentral gelegene Diyafah-Viertel. Dort befindet sich das iranische | |
Krankenhaus der Stadt, und auch die Moschee gegenüber mit ihren klassischen | |
in Türkis gehaltenen persischen Kacheln könnte mitten in der iranischen | |
Hauptstadt stehen. Straßen, Läden, die Passantinnen mit ihren Tschadors, | |
aber auch die Männer mit ihren für das Nachbarland so typischen Anzügen mit | |
Stehkragen vermitteln das Gefühl, in Klein-Teheran zu sein. | |
Wie viele Iraner in Dubai leben, darüber gibt es keine Statistik. Sicher | |
ist: Der Iran ist für das Emirat Dubai der mit Abstand wichtigste | |
Handelspartner. Wenn man vom Handel mit Öl absieht, steht auch für den | |
großen Iran das kleine Dubai auf Platz eins der Außenhandelsstatistik. Der | |
wichtigste iranische Hafen Bandar Abbas liegt gerade einmal hundert | |
Kilometer entfernt. Der offizielle Warenverkehr zwischen Dubai und dem Iran | |
hat sich in den letzten Jahren laut Dubaier Handelskammer auf 12 Milliarden | |
Dollar verdreifacht. Gleichzeitig sind die Arabischen Emirate laut | |
US-Rechnungshof der größte Importeur von US-Gütern in der Region. | |
Dubai ist die wichtigste Hintertür des iranischen Außenhandels. Hier werden | |
bereits seit Jahren die seit der Islamischen Revolution verhängten | |
US-Sanktionen unterlaufen. "Man kann alles kaufen und in den Iran | |
verschiffen", beschreibt Morteza Masoumzadeh die Lage, Besitzer einer | |
Reederei, die zwischen Dubai und dem Iran tätig ist. "Jede iranische Firma | |
hat in Dubai einen Repräsentanten", sagt er. | |
Der Golf-Wirtschaftsexperte Christopher Davidson bestätigt diesen Eindruck. | |
"Die USA sind zur Recht besorgt, dass Dubai ein wichtiges Ventil für den | |
iranischen Handel ist. Das ändert sich auch nicht durch US- oder | |
UN-Sanktionen", erklärt er. | |
Laut dem iranischen Business Council sind in Dubai 8.000 iranische Firmen, | |
darunter 1.200 Handelsunternehmen tätig. Viele davon gehören den iranischen | |
Revolutionsgarden. Eigentlich als wichtigstes Repressionsinstrument des | |
iranischen Regimes gegen die Opposition verrufen, zählen die Wächter der | |
Revolution inzwischen zu den größten Wirtschaftsunternehmen des Landes. Sie | |
sollen ein Drittel der Wirtschaft kontrollieren. Erst Ende letzten Jahres | |
kauften sie das größte Telekommunikationsunternehmen des Landes. | |
Druck aus Abu Dhabi | |
Befürworter verschärfter Sanktionen gegen den Iran argumentieren, dass | |
gerade die Verwicklung der Revolutionsgarden in die Wirtschaft Sanktionen | |
effektiv machen würden. Suzanne Maloney, Iran-Expertin des US-Thinktanks | |
Brookings Institution, bezweifelt das allerdings. Gerade die | |
Revolutionsgarden würden mit ihrem verzweigten Schmuggel-Netzwerk in der | |
gesamten Region leicht Wege finden, die Sanktionen zu umgehen, widersprach | |
sie im öffentlichen US-Radiosender NPR. | |
"Was, wann, wie viel und an wen von Dubai aus in den Iran geliefert wird", | |
sagt Peter Göpfrich, der deutsche Handelsdelegierte in den Arabischen | |
Emiraten, "das ist eines der meistgehüteten Geheimnisse." Er glaubt, dass | |
die Karten in nächster Zeit neu gemischt werden könnten. Das seit der | |
internationalen Finanzkrise hochverschuldete Dubai hat für seinen | |
Schuldendienst vom benachbarten Abu Dhabi eine Finanzspritze von 20 | |
Milliarden Dollar erhalten. Ein Preis für diese Rettungsaktion ist Dubais | |
politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit, und das könnte sich auch auf | |
den Handel mit dem Iran auswirken. "Der Druck von Abu Dhabi auf Dubai | |
wächst, den iranischen Handel einzudämmen", sagt Göpfrich. | |
Die Wirtschaftskrise könnte Dubai aber auch zum genauen Gegenteil | |
verleiten. "In der prekären Lage, in der sich Dubai befindet, dürfte es | |
nicht leicht sein, es davon abzubringen, selbst mit problematischen Ländern | |
wie dem Iran Geschäfte zu machen", meint die amerikanische Iran-Expertin | |
Maloney. In der Katerstimmung nach dem Goldrausch könnten sich für Dubai | |
gerade die Geschäfte mit dem Iran als wirkungsvollstes Aspirin erweisen. | |
15 Feb 2010 | |
## AUTOREN | |
Karim Gawhary | |
Karim El-Gawhary | |
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