| # taz.de -- Feridun Zaimoglu zur Islamkonferenz: "Verstehe Leitkultur-Geschwät… | |
| > Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu hält den Ausschluss des Islamrats aus | |
| > der Islamkonferenz für "unseriös". Man dürfe die Verbände nicht wie | |
| > Schachfiguren hin- und herschieben. | |
| Bild: Feridun Zaimoglu: "Die Verbände werden dämonisiert". | |
| taz: Herr Zaimoglu, vor Beginn der zweiten Islamkonferenz gibt es massiven | |
| Streit. Der Anlass ist der Ausschluss des Islamrats durch den | |
| Innenminister. Wie beurteilen Sie das? | |
| Feridun Zaimoglu: Das ist eine falsche Entscheidung. Eine ganz falsche! | |
| Warum? | |
| Das ganze ist unseriös. Das Bundesinnenministerium kann sich doch nicht die | |
| Islamkonferenz je nach seiner saisonalen Meinung wie eine Tischgesellschaft | |
| neu zusammenstellen. Ich habe den Eindruck, dass sie kein Dialogforum mehr | |
| sein soll, sondern zu einer Veranstaltung "Der Islam zu Gast beim | |
| Innenminister" wird. | |
| Bundesinnenminister de Maizière argumentiert, er wolle sich nicht mit | |
| Verbänden an einen Tisch setzen, gegen deren Repräsantanten ermittelt wird. | |
| Ich verstehe zwar, dass wenn gegen manche in den Verbänden ermittelt wird, | |
| diese nicht an der Islamkonferenz teilnehmen sollen. Das kann aber nicht | |
| für den ganzen Verband gelten. Es kann nicht sein, dass man die | |
| Verbandsvertreter erst dämonisiert und sie dann wie Schachfiguren hin und | |
| herschiebt, einlädt und ausschließt und ihnen dann sagt, das müsst ihr | |
| hinnehmen, sonst seid ihr nicht reif für den Dialog. | |
| Inwiefern wurden die Verbände dämonisiert? | |
| Im Augenblick erleben wir doch eine Schwarz-Weiß-Malerei: Auf der einen | |
| Seite die Lichtgestalten der Aufklärung, auf der anderen die dunklen Kräfte | |
| der Religion. Das ist in der Islamkonferenz der Fall. Und natürlich in den | |
| Medien. Dort gibt es richtige Hetzer, die zum Teil noch nie eine Moschee | |
| von innen gesehen haben. Hier geht es um den sozialen Frieden, auch wenn | |
| das ein spießiges Wort ist. | |
| Die Verbände üben derzeit harsche Kritik, Aiman Mazyek vom Zentralrat hat | |
| gerade kundgetan, die Islamkonferenz sei kein Dialogforum mehr, sondern ein | |
| Forum, in dem der Innenminister die deutsche Leitkultur durchsetzen will. | |
| Teilen Sie diese Kritik? | |
| Ich bin Deutscher und ich mache mich für einen deutschen Islam stark. | |
| Deshalb verstehe ich das allgemeine Geschwätz von der deutschen Leitkultur | |
| nicht, auch wenn es von Konservativen und Rechtskonservativen immer wieder | |
| als als politischer Knüppel gebraucht wird. Deshalb kann ich mit dem | |
| Vorwurf nichts anfangen, auch wenn ich den Zorn mancher Verbandsvertreter | |
| durchaus nachvollziehen kann. Es muss doch darum gehen, Deutsche | |
| muslimischen Glaubens sichtbarer zu machen und eine Normalisierung | |
| herzustellen. | |
| Nutzt die Islamkonferez dabei? | |
| Ja, das kann sie. Ich fand und finde die Islamkonferenz sinnvoll. Es darf | |
| aber nicht um Profilneurosen gehen, nicht darum, allen Teilnehmern seine | |
| eigenen politischen Vorstellungen aufzudrücken und nicht um bloße | |
| Streitkutltur, bei dem sich die blöden Muselmanen schlagen. Es muss um das | |
| Alltägliche gehen. Um Entschlüsse, die den Praxistest bestehen können: Der | |
| deutsche Staat soll die Ausbildung von Religionslehrern übernehmen. Wie | |
| sieht es aus mit islamischen Friedhöfen aus? Wie kann man das Problem | |
| lösen, dass der Islam keine Kirche will, der Staat aber einen | |
| Ansprechpartner sucht? Aus diesem Grund haben sich ja auch einige Verbände | |
| zusammengeschlossen. Wenn die Islamkonferenz einen Sinn geben soll, sollte | |
| man aufhören, sie mal ein- und mal auszuschließen. | |
| 19 Mar 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
| ## TAGS | |
| Integration | |
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