# taz.de -- Anti-Atom-Bewegung: 120 Kilometer Protest erhofft | |
> Die Anti-Atom-Bewegung mobilisiert: Im Großraum Hamburg soll am 24. April | |
> die bislang längste Menschenkette entstehen. Am Wochenende wird in | |
> Neckarwestheim demonstriert. | |
Bild: Gesehen auf der Großdemonstration am 5.September 2009 in Berlin. | |
Eine 120 Kilometer lange Menschenkette von Krümmel bis nach Brunsbüttel, | |
zugleich eine Umzingelung des hessischen Atomkraftwerks Biblis und eine | |
Demonstration am nordrhein-westfälischen Zwischenlager Ahaus. | |
Was sich die AtomkraftgegnerInnen für den 24. April, kurz vor dem 24. | |
Jahrestag von Tschernobyl, vorgenommen haben, klang bisher nach einem sehr | |
ambitionierten Unterfangen. Nun sorgen ausgerechnet die Bundesregierung und | |
die Energiekonzerne dafür, dass die hochgesteckten Ziele erreicht werden | |
können. | |
Denn Entscheidungen zur Atomenergie fallen derzeit Schlag auf Schlag: | |
Anfang der Woche verkündete Umweltminister Norbert Röttgen (CDU), dass die | |
Erkundung des Endlagers nach zehn Jahren Pause wieder aufgenommen werden | |
soll, und zwar nach dem alten Bergrecht ohne formale | |
Öffentlichkeitsbeteiligung. Dann kündigte RWE an, den ältesten Reaktor | |
Biblis A wieder ans Netz zu nehmen. Und nun wurde bekannt, dass die | |
Regierung eine Laufzeitverlängerung von bis zu 20 Jahren prüft. | |
"Sie werden mit dieser Absicht auf unseren entschiedenen Widerstand | |
treffen", kommentierte Jochen Stay, Initiator der Menschenkette und | |
Sprecher der Antiatom-Initiative Ausgestrahlt, die Gorleben-Pläne. Röttgen | |
werde sich "in die lange Liste der Politiker einreihen, die sich an | |
Gorleben die Finger verbrannt haben". | |
Eine Menschenkette von einer Länge von 120 Kilometern würde etwa 90.000 | |
Menschen benötigen. Die Aktion war bereits lange geplant und sollte | |
eigentlich den vorläufigen Höhepunkt einer Reihe von Antiatomprotesten in | |
diesem Frühjahr sein. Nun erfährt die Bewegung bundesweit Zuspruch. Bereits | |
für diesen Sonntag wollen Atomkraftgegner vor dem Reaktor im | |
baden-württembergischen Neckarwestheim auf die Straße gehen. "Röttgens | |
Ankündigung wird auch bei uns im Süden für einen Mobilisierungsschub | |
sorgen", ist sich Brigitte Dahlbender vom BUND in Baden Württemberg sicher. | |
Auch in Neckarwestheim wollen die Aktivisten mit öffentlichkeitswirksamen | |
Aktionen auftreten. Es geht darum, "das längste Antiatomtransparent der | |
Welt" aufzuspannen. | |
Unterstützung erhalten die Aktivisten bei den geplanten Protesten von den | |
Gewerkschaften. "Wir brauchen die Energiewende", sagte Frank Teichmüller | |
von der IG Metall. Nur erneuerbare Energien seien eine Wachstumsbranche und | |
stünden für zukunftsfähige Arbeitsplätze. Die IG Metall werde sich aktiv an | |
der Vorbereitung der Antiatomdemonstration und an der Mobilisierung für die | |
Aktionskette beteiligen, kündigte Teichmann an. | |
Im niedersächsischen Wendland, wo sich der Salzstock von Gorleben befindet, | |
bereiten sich die Bauern derweil auf ihren Traktortreck vor, der sich eine | |
Woche vor dem 24. April auf den Weg zum AKW Krümmel machen soll. Vom | |
größten Treck ist aber nicht die Rede. Den habe es 1979 auf dem Weg nach | |
Hannover gegeben, sagte ein wendländischer Aktivist. "Der wird nicht so | |
leicht getoppt." | |
19 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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