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# taz.de -- Zur Buchmesse Leipzig: Wagenbach-Ehrung & Gruftie-Unfall
> Die Leipziger Buchmesse ist fast vorbei. Preisverleihungen, Lesungen,
> Menschenaufläufe und obskure Unfälle - viel gab's zu sehen, das man sonst
> nicht zusammen sieht.
Bild: Gibt's das auch schon als Buch? "Avatar"-Fan auf der Leipziger Buchmesse.
Die offizielle Berichterstattung über diese Buchmesse funktioniert über
Promis. Neben Zahlen (100.000 Besucher insgesamt, schön!) werden Namen
kolportiert: Herta Müller, Günter Grass, Martin Walser und als
Quoten-Jungostdeutscher diese Tage auch gern Clemens Meyer. Sie alle waren
also da. Aber das trifft das Buchmessengefühl, das man in den Hallen selbst
hat, so wenig. Klar, man läuft über das Gelände, sieht dann einen Promi wie
Joachim Gauck auf dem Blauen Sofa des ZDF sitzen - aber diese Momente gehen
gleich wieder im Trubel unter.
Das Buchmessengefühl wird eher bestimmt durch eine Gleichzeitigkeit des
eigentlich Getrennten, durch ein Nebeneinander dessen, was sonst nicht
zusammengehört. Und vielleicht erzählt das viel mehr über die Literatur und
die Bücher, als es die offizielle Berichterstattung tut. Beispielsweise
fand man sich plötzlich vorm Berliner Zimmer, einem der zentralen
Lesungsorte, inmitten einer Menschenmenge wieder. Verlegerlegende Klaus
Wagenbach sollte den diesjährigen Kurt-Wolff-Preis kriegen, für sein
Lebenswerk und selbstverständlich hochverdient. Klaus-Dieter Lehmann, der
Präsident des Goethe-Instituts, hielt eine bestimmt großartige Laudatio,
nur bekam man außer einigen Schlagworten inmitten der Menge wenig mit. Die
Schlagworte: "Auschwitz-Prozess", "Linke", "Auseinandersetzung" - eine
linksintellektuelle Sozialisation wie aus dem Bilderbuch. Das Schlagwort
"Italien", ohne das es bei Wagenbach ja im Grunde auch nicht geht, fehlte;
aber vielleicht hat man es nur nicht mitbekommen.
Dann ließ es sich Kulturstaatsminister Bernd Neumann nicht nehmen,
Wagenbach zu gratulieren und zugleich deutlich zu machen, wie stark er sich
für das Urheberrecht der Autoren einsetzen werde. Damit hätte man nun genug
Material für einen hoch seriösen Standardleitartikel über Literatur, die
Bedeutung ihrer Unabhängigkeit und so, zusammen …
… wenn man nicht zehn Minuten später an einem anderen Ort der Halle einen
konsternierten Gruftie gesehen hätte. Manga-Mädchen, Gruftie-Typen, solche
jungen Verkleideten laufen in Leipzig auf der Messe ja viel herum. Diesem
hier war sein überdimensionierter Eisenstab, der Teil seiner Verkleidung
war, einer Besucherin auf den Kopf gefallen. Ein Sanitäter war bei ihr. Und
der Gruftie wusste gar nicht, wie er sich entschuldigen konnte. Aus seiner
literarischen Fantasie war er, so sah es aus, mindestens ebenso schmerzhaft
in die Realität katapultiert worden wie die Besucherin.
Wagenbach-Ehrung und Gruftie-Unfall: Wie man solche Ereignisse
zusammendenken kann? Keine Ahnung. Aber so was passiert einem so oder so
ähnlich halt nur in Leipzig oder auch in Frankfurt; sonst sind die Szenen
viel zu getrennt voneinander. Vielleicht kann man es ja so zusammendenken,
dass so eine Buchmesse einem vor Augen hält: wie viele Zugänge zu Büchern
es gibt, wen Literatur alles zusammenbringt. Schon schön. Und die
allermeisten Begegnungen gehen sogar schmerzfrei aus!
22 Mar 2010
## AUTOREN
Dirk Knipphals
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