# taz.de -- Ökokapitalist gibt nach: Alnatura will Tarif zahlen | |
> Nach Kritik will größte Öko-Supermarktkette allen Beschäftigten | |
> Tariflöhne zahlen. Ver.di ist aber noch nicht zufrieden, denn andere | |
> Märkte bleiben bei untertariflichen Gehältern. | |
Bild: Das gute Gefühl, dass bei Alnatura künftig nicht nur das Gemüse gut be… | |
BERLIN taz | Die von der taz ausgelöste Medienkritik am Lohndumping bei | |
Deutschlands größter Bio-Supermarktkette Alnatura zeigt Wirkung: Das | |
hessische Unternehmen hat angekündigt, künftig allen Mitarbeitern Gehälter | |
mindestens in Tarifhöhe zu zahlen. Die Gewerkschaft ver.di begrüßte die | |
Entscheidung. | |
"Es ist unsere Leitlinie, dass die Alnatura-Mitarbeiter ein Einkommen nicht | |
unter dem Tariflohn bekommen. Wir prüfen daher aktuell alle | |
Mitarbeiterverträge und werden die Fälle korrigieren, die nicht unserer | |
Leitlinie entsprechen", teilte Firmensprecherin Manon Haccius am Donnerstag | |
der taz mit. Als Grund nannte das Unternehmen die kritische | |
Berichterstattung in den Medien. Unklar ist noch, ab welchem Zeitpunkt die | |
Erhöhung gelten soll. | |
Die taz hatte am Dienstag gemeldet, dass Alnatura wie die meisten anderen | |
Bio-Händler ihre Mitarbeiter teils schlechter bezahlt als konventionelle | |
Läden. Der niedrigste Stundenlohn liegt bei 7,50 Euro. Das ist 16 Prozent | |
weniger als das geringste Gehalt im aktuellen Tarifvertrag, den ver.di und | |
der örtliche Arbeitgeberverband für die Hauptstadt ausgehandelt haben. Eine | |
Verkäuferin in der Berlin-Kreuzberger Filiale bekommt rund 30 Prozent | |
weniger, als der Tarif bei ihrer Berufserfahrung vorsieht. | |
Margret Mönig-Raane, Vize-Chefin von ver.di, erklärte: "Natürlich ist es | |
eine gute Nachricht für die Beschäftigten, dass ihre Einkommen jetzt an das | |
Niveau unserer Flächentarifverträge angepasst werden." Offenbar habe die | |
Unternehmensleitung erkannt, dass allein die von ihr immer wieder | |
herausgehobenen guten sozialen Bedingungen weder einen guten Arbeitgeber | |
ausmachten noch die laufenden Kosten der Beschäftigten deckten. Allerdings | |
müsse Alnatura nun auch dem Arbeitgeberverband beitreten, so dass die Firma | |
Änderungen an den Tarifverträgen automatisch übernehmen muss. "Dieser | |
Schritt sollte für ein Unternehmen, das so hohe Maßstäbe an einen fairen | |
Umgang miteinander legt, eine Selbstverständlichkeit sein." | |
Alnaturas Öko-Konkurrenten wollen dennoch weiter auch unter Tarif bezahlen. | |
"Wir sind immer noch nicht in den schwarzen Zahlen und deshalb überhaupt | |
nicht mit Alnatura zu vergleichen", sagte Swaantje Katz, Sprecherin der | |
drittgrößten Kette Basic, der taz. Tatsächlich erwartet das Unternehmen für | |
das vergangene Geschäftsjahr bei 96 Millionen Euro Umsatz knapp vier | |
Millionen Euro Verluste, während Alnatura bei 361 Millionen Euro Umsatz | |
einen Gewinn einfuhr, auch wenn es die Höhe nicht nennt. | |
Auch die in Berlin und Hamburg vertretene Kette BioCompany bleibt bei ihren | |
teils untertariflichen Löhnen. Das niedrigste Gehalt für Festangestellte | |
beträgt nach Firmenangaben etwa 8,30 Euro pro Stunde - also ebenfalls unter | |
dem Eingangsgehalt von 8,91 Euro aus dem Tarifvertrag. "Ich sehe es als | |
Verpflichtung als Unternehmer an, zum Tarifgehalt zu kommen, aber im Moment | |
geht das noch nicht", entschuldigte sich Geschäftsführer Hubert Bopp. Wenn | |
das Unternehmen keinen Gewinn mehr schreibe, würde es keine Kredite für die | |
Eröffnung weiterer Filialen mehr bekommen. | |
Bio-Firmen weisen auch immer wieder darauf hin, dass sie etwa für ihre | |
Käse- und Fleischtheken mit Bedienung mehr Personal benötigen als etwa | |
konventionelle Discounter. Die Nummer Zwei bei den Bio-Ketten, "denn's | |
Biomarkt", wollte sich zur seiner Lohnpolitik nicht äußern. | |
Die Gehälter bei Alnatura hatten auch deshalb Aufsehen erregt, weil das | |
Unternehmen damit wirbt, "fair mit unseren Partnern in Produktion und | |
Handel" zusammenzuarbeiten. Zudem werden im deutschen Einzelhandel | |
allgemein laut Branchenverband HDE mehr als zwei Drittel des Personals nach | |
Tarif bezahlt. Unbestritten ist, dass die Bio-Branche den Bauern ein | |
höheres Einkommen verschafft und die Umwelt erheblich entlastet. | |
1 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Bio-Lebensmittel | |
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