# taz.de -- Druck auf Öko-Supermarkt: Alnatura erhöht Gehälter kräftig | |
> Ab Freitag zahlt die Biomarkt-Kette mindestens Tarifgehälter und will | |
> künftig auch bei Tariferhöhungen mitziehen. Einen Rechtsanspruch haben | |
> die Mitarbeiter aber nicht. | |
Bild: Geht jetzt nicht nur fair mit Partnern in Produktion und Handel um, sonde… | |
BERLIN taz | Deutschlands größte Bio-Supermarktkette Alnatura zahlt ihren | |
1300 Mitarbeitern ab Freitag nach eigenen Angaben Gehälter mindestens in | |
Tarifhöhe. Mehrere Beschäftigte von zwei Berliner Filialen sagten der taz, | |
dass sie Erhöhungen im zweistelligen Prozentbereich bekämen. Der niedrigste | |
Stundenlohn für voll sozialversicherungspflichtige Angestellte liegt nun | |
bei etwa zehn Euro brutto inklusive Urlaubsgeld und der anderen festen | |
Extras, wie aus Zahlen der Unternehmensleitung hervorgeht. Das ist etwas | |
mehr als in dem Tarifvertrag, den die Gewerkschaft Ver.di und der | |
Arbeitgeberverband für den Berliner Einzelhandel vereinbart haben. | |
Damit reagiert Alnatura auf kritische Medienberichte über Lohndumping in | |
dem Öko-Unternehmen. Die taz hatte Ende März gemeldet, dass Alnatura wie | |
die meisten anderen Biohändler ihre Mitarbeiter teils schlechter bezahlt | |
als konventionelle Läden. Gleichzeitig warb das Unternehmen damit, "fair | |
mit unseren Partnern in Produktion und Handel" zusammenzuarbeiten. Anders | |
als viele Firmen der Alternativwirtschaft - etwa die taz - schreibt | |
Alnatura hohe Gewinne: dem letzten veröffentlichten Jahresabschluss aus dem | |
Geschäftsjahr 2007/2008 zufolge 9,3 Millionen Euro. | |
"Ich bin sehr zufrieden mit der Erhöhung", sagte nun eine ausgebildete | |
Verkäuferin, deren feste Gehaltsbestandteile bislang 23 Prozent unter dem | |
Tarif lagen, nun aber um 38 Prozent auf gut 14 Euro pro Stunde steigen - | |
auf ungefähr die Höhe, die der Tarifvertrag bei ihren zwölf Jahren | |
Berufserfahrung vorschreibt. Dazu kommt eine außertarifliche | |
Gewinnbeteiligung, die in schlechten Jahren aber wegfallen kann. | |
"Wenn die Tarifgehälter in den einzelnen Bundesländern erhöht werden, | |
setzen wir dies um", erklärte Alnatura-Sprecherin Stefanie Neumann. Die | |
Firma widersetzt sich aber weiterhin der Forderung von Ver.di, dem | |
Arbeitgeberverband beizutreten. Dann wäre Alnatura auch verpflichtet, alle | |
Tarifänderungen nachzuvollziehen. "Sie sollten zumindest einen Vertrag mit | |
uns schließen, dass sie die Tarifverträge anerkennen. Das macht ja selbst | |
Schlecker", sagte Ver.di-Vizechefin Margret Mönig-Raane der taz. Sonst | |
hätten die Beschäftigten keinen rechtlich verbindlichen Anspruch auf | |
Tarifeinkommen. Obwohl sich die Mitarbeiter über die von der kritischen | |
Berichterstattung ausgelöste Lohnerhöhung freuen, bemängelten sie, dass | |
ausgerechnet Alnatura in die Kritik geraten sei. "Hier geht es viel | |
sozialer zu als bei den anderen Bio-Ketten", sagte ein Mitarbeiter. | |
Dass es bei den anderen Ketten schlechter zu geht, wird sich auf kurze | |
Sicht kaum ändern. Die Nummer zwei der Branche, Basic, schreibt immer noch | |
Verlust und begründet damit ihre teils niedrigeren Löhne. "Denn's Biomarkt" | |
verweigert jegliche Auskünfte über ihre Gehaltspolitik. Und die in Berlin | |
und Brandenburg aktive Kette BioCompany erklärt lediglich ohne Angabe eines | |
Datums, Alnaturas neuer Lohnpolitik nun auch folgen zu wollen. | |
Doch selbst wer keinen Biohändler mit Tariflöhnen in der Nähe hat, sollte | |
nun nicht in konventionellen Geschäften einkaufen, raten Kritiker der | |
Lebensmittelbranche. "Der konventionelle Händler hat jede Menge Produkte im | |
Regal, deren Erzeuger unter Tarif bezahlt wurden. Denken Sie nur an Kaffee, | |
Kakao und Milch!" sagt zum Beispiel Tanja Busse, die das Buch "Die | |
Ernährungsdiktatur" geschrieben hat. "Aber", ergänzt sie, "beim Biomarkt | |
muss man auf jeden Fall protestieren und vielleicht mit einem Boykott | |
drohen!" | |
30 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Bio-Lebensmittel | |
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