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# taz.de -- Polens Präsidentenmaschine abgestürzt: Alle 97 Menschen an Bord s…
> Polens Präsident Lech Kaczynski und eine hochrangige Staatsdelegation
> sind tot. Ihr Flugzeug ist beim Anflug auf Smolensk abgestürzt.
> Ministerpräsident Tusk hat das Kabinett einberufen.
Bild: Die polnische Bevölkerung trauert um die Toten.
MOSKAU apn/rts | Der polnische Präsident Lech Kaczynski und Dutzende
weitere Mitglieder seiner offiziellen Staatsdelegation sind am Samstag bei
einem Flugzeugabsturz in Russland ums Leben gekommen. Keiner der 97
Insassen der Regierungsmaschine überlebte das Unglück, wie die russischen
und polnischen Behörden mitteilten. Die Tupolew Tu-154 stürzte bei dichtem
Nebel kurz vor der Landung am Flughafen der westrussischen Stadt Smolensk
in einem Waldstück ab.
An Bord waren neben Kaczynski und seiner Frau unter anderen der polnische
Notenbankchef Slawomir Skrzypek, Generalstabschef Franciszek Gagor, der
Vizeaußenminister Andrzej Kremer und der stellvertretende
Parlamentspräsident Jerzy Szmajdzinski. Die ranghohe Delegation war
unterwegs zu einer Gedenkfeier zu Ehren tausender Polen, die vor 70 Jahren
in Smolensk, Katyn und weiteren Städten vom sowjetischen Geheimdienst NKWD
ermordet wurden.
Nach Angaben des Gouverneurs von Smolensk, Sergej Anufrijew, kollidierte
das Flugzeug vor Erreichen der Landebahn mit mehreren Bäumen. "Niemand hat
die Katastrophe überlebt", sagte Anufrijew dem staatlichen
Nachrichtensender Rossija-24. Der Sender zeigte Aufnahmen der weit
verstreuten Flugzeugtrümmer in einem Waldstück, in dem mehrere Brände
ausgebrochen waren.
Die Unglücksmaschine war 26 Jahre alt. Sie wurde im vergangenen Dezember in
einem Flugzeugwerk in Russland generalüberholt, wie der Direktor des
Awiakor-Werks in Samara, Alexej Gusew, dem Sender Rossija-24 sagte.
Medwedew kondoliert dem polnischen Volk
Der russische Präsident Dmitri Medwedew kondolierte der Regierung in
Warschau und dem polnischen Volk. Russland teile die tiefe Trauer der
Polen, hieß es in einer Erklärung auf der Webseite des Kremls. Der
Präsident sicherte den polnischen Behörden eine enge Zusammenarbeit bei der
Aufklärung des Unglücks zu. Ministerpräsident Wladimir Putin soll die
Aufsicht über die Ermittlungskommission haben.
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk rief sein Kabinett zu einer
Sondersitzung zusammen. Die Flaggen in Warschau wurden auf Halbmast
gesetzt, vor dem Präsidentenpalast legten Bürger Blumen nieder und
entzündeten Kerzen. Tusk hatte am Mittwoch mit seinem russischen Kollegen
Putin in Katyn an einer Gedenkfeier für die Opfer des Massenmordes dort
teilgenommen.
Merkel und Westerwelle "zutiefst bestürzt"
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich "zutiefst bestürzt über den
Flugzeugabsturz und den Tod des polnischen Präsidenten". Die Kanzlerin
äußerte sich am Rande eines Besuchs beim Einsatzführungskommando der
Bundeswehr in Potsdam. Für den Nachmittag kündigte sie eine ausführliche
Stellungnahme an.
Auch Außenminister Guido Westerwelle zeigte sich tief betroffen. "Wir sind
schockiert und voller Trauer", sagte Westerwelle in Kapstadt, wo er während
seiner Afrikareise von dem Flugzeugabsturz erfuhr. "Das ganze deutsche Volk
trauert mit den polnischen Nachbarn. Wir wollen dem polnischen Volk
vermitteln, dass wir an seiner Seite stehen." Der Bundesaußenminister
telefonierte mit seinem polnischen Kollegen Radek Sikorski und sprach ihm
sein Mitgefühl aus. Auch mit Merkel sprach Westerwelle über das Unglück.
Der Unfall gehe ihm "sehr nahe", sagte der Außenminister in Kapstadt. Er
habe neben Kaczynski einige der Verunglückten persönlich gekannt.
Bundespräsident Horst Köhler hat den polnischen Staatspräsidenten Lech
Kaczynski als großen Patrioten gewürdigt. "Lech Kaczynski hat ein Leben
lang leidenschaftlich für sein Vaterland gekämpft", sagte Köhler am Samstag
in Berlin. "Sein Ziel war ein freies Polen in einem freien Europa."
Kaczynski habe alle gemahnt, das Wissen um die Verbrechen von
Nationalsozialismus und Kommunismus wachzuhalten und ihrer Opfer zu
gedenken. So werde er auch in Erinnerung bleiben. "Polen hat heute einen
furchtbaren Verlust erlitten. Deutschland trauert mit", sagte Köhler. Er
selbst und seine Frau seien dem Ehepaar Kaczynski freundschaftlich
verbunden gewesen.
Der 60-Jährige Kaczynski war seit Dezember 2005 Präsident und wollte sich
in diesem Herbst zur Wiederwahl stellen. Seine ebenfalls verunglückte Frau
Maria war Wirtschaftswissenschaftlerin. Das Paar hinterlässt seine Tochter
Marta und zwei Enkelinnen. Kaczynski ist der Zwillingsbruder des früheren
Ministerpräsidenten und jetzigen Oppositionsführers Jaroslaw Kaczynski.
Nach der polnischen Verfassung übernimmt Parlamentspräsident Bronislaw
Komorowski vorläufig die Amtsgeschäfte des Staatsoberhaupts.
Für Sonntagmittag sind zwei Schweigeminuten vom Ministerpräsidenten Donald
Tusk angekündigt worden, um dem Staatspräsidenten Lech Kaczynski und seiner
Delegation zu gedenken. Er sagte weiter: "Die heutige Welt hat noch nicht
eine solche Tragödie gesehen" und drückte der Familie Kaczynski sein tiefes
Beileid aus. "Beileidbekundungen kommen aus aller Welt", so Tusk. Die
ersten seien aus Russland von Ministerpräsident Wladimir Putin und
Präsident Dmitri Medwedew gekommen.
10 Apr 2010
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