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# taz.de -- Massaker von Katyn: Gedenken ohne Entschuldigung
> Es ist das erste Mal seit 70 Jahren, dass russische und polnische
> Politiker gemeinsam des Massakers gedenken. Millionen verfolgten die
> Liveübertragung aus Russland.
Bild: Gemeinsame Kranzniederlegung: Russlands Premierminister Putin (li) und se…
WARSCHAU taz | "Wir verneigen uns vor jenen, die hier an diesem Ort
mannhaft den Tod empfingen", begann Premierminister Wladimir Putin seine
Rede im westrussischen Katyn. Zum ersten Mal seit 70 Jahren gedachten
Russen und Polen gemeinsam des sowjetischen Massakers, bei dem im Jahr 1940
über 20.000 polnische Kriegsgefangene ermordet worden waren. "In dieser
Erde liegen Staatsbürger Russlands, die in den Dreißigerjahren ums Leben
kamen, in der Zeit der Säuberungen", fuhr er fort. "Hier liegen
Staatsbürger Polens, Soldaten, die auf Befehl Stalins getötet wurden, und
hier liegen jene, die von den Nazis im Zweiten Weltkrieg ermordet wurden."
Die ewige Ruhe verbinde sie alle.
Millionen verfolgten die Direktübertragung aus Russland. Würde Putin das
Massaker von Katyn beim Namen nennen? Würde er als ehemaliger
Geheimdienstoffizier die Tat des stalinistischen NKWD verdammen?
Tatsächlich distanzierte er sich eindeutig von den "Verbrechen des
Totalitarismus". Gemeinsam mit den Polen wolle man die Wahrheit aufdecken
und so die historische Gerechtigkeit wiederherstellen. Im Warschauer
Fernsehstudio stellt der Kommentator trocken fest: "Das Wort
,Entschuldigung' fiel nicht."
Polens Premierminister Donald Tusk antwortete in freier Rede auf Putins
Ansprache. "Nicht die pure Statistik ist wichtig für uns. Die Täter wollten
die Erinnerung an die Ermordeten auslöschen, die Namen stehen für sie",
sagte er. Die Wahrheit über Katyn sei zum Gründungsmythos des unabhängigen
Polen geworden. Katyn sei der richtige Ort, um sich auf den Weg der
Versöhnung zu begeben. Die beiden Wegweiser habe Wladimir Putin genannt,
sie lauteten Erinnerung und Wahrheit. "Wir müssen daran glauben, dass wir
den richten Weg eingeschlagen haben." Gemeinsam legten Tusk und Putin
Kränze am Mahnmal in Katyn nieder. Dann reichten sie sich in einer
Versöhnungsgeste die Hand. Für Lech Walesa, den früheren Oppositionsführer
und späteren Präsidenten Polens, stellt die erste gemeinsame
polnisch-russische Gedenkfeier von Katyn einen guten Ausgangspunkt dar.
Auch er war nach Katyn gefahren, um an der historischen Feier teilzunehmen.
"Einige Worte Putins würde ich sogar groß nennen", sagte Walesa.
Andrzej Paczkowski, Mitglied der Polnisch-russischen Arbeitsgruppe für
schwierige Fragen, hofft, dass nach dieser Gedenkfeier nun endlich die
Akten des im Jahr 2004 eingestellten Ermittlungsverfahrens der russischen
Staatsanwaltschaft zum Massaker von Katyn offengelegt werden. "Das würde
uns der Wahrheit wieder einen Schritt näher bringen."
Nicht nur die Zahlen, auch viele Namen der 1939 und 1940 vom
kommunistischen Geheimdienst ermordeten Polen ist bis heute nicht geklärt.
Denn erschossen wurden nicht nur rund 20.000 Kriegsgefangene aus den Lagern
Kosielsk, Starobielsk und Ostaschkow, sondern auch Adelige und Angehörige
der polnischen Intelligenz, die als sogenannte Klassenfeinde und Feinde der
Sowjetunion auf einer namentlich geführten Todesliste standen. Bis heute
sind über 7.300 Opfer spurlos verschwunden.
Angeblich soll ein Großteil ihrer Namen auf der "weißrussischen Liste" zu
finden sein. Tatsächlich wies Putin vor einigen Wochen den russischen
Geheimdienst an, diese Liste zu suchen. Er wollte sie auf der Gedenkfeier
in Katyn an Tusk überreichen. Doch am Montag gab der Leiter der russischen
Archive bekannt, das zwar neue wichtige Dokumente zu den polnischen Opfern
gefunden wurden, es sich aber nicht um die "weißrussische Liste" handle.
Die Enttäuschung in Polen war groß. Möglicherweise, so vermuten nun einige
Historiker, ist die Todesliste mit den Namen der Opfer schon vor Jahren
vernichtet worden. Dann würde deren Schicksal niemals aufgeklärt werden.
7 Apr 2010
## AUTOREN
Gabriele Lesser
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