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# taz.de -- Aufregung vor dem 1.Mai: Behörden prophezeien Donnerwetter
> Zur revolutionären 1. Mai-Demo rechnen Behörden mit Krawallen. Viele
> Rechte wollen demonstrieren, linke Gegendemos sind geplant. Aber droht
> wirklich eine Eskalation?
Bild: Wer hat den ersten Stein geworfen?
BERLIN taz | Die Aufregung ist groß. Mal wieder. Vor einem 1. Mai. Und wie
die Randale am Abend gehört auch die verbale Aufrüstung vorab dazu. Der
Innenpolitiker der CDU-Bundestagfraktion Wolfgang Bosbach hat von
"rechtsfreien Räumen" gesprochen und dem in Berlin regierenden rot-roten
Senat Kapitulation vor den Gewalttätern vorgeworfen. Angesichts von über 40
angemeldeten Demonstrationen in der Hauptstadt wird gar schon von einem
Polizeinotstand gesprochen.
Tatsächlich waren die Ausschreitungen im vergangenen Jahr so heftig wie
lange nicht mehr. Das schlug sich auch in der Statistik nieder. Offiziell
wurden 479 Polizisten verletzt, viermal so viele wie im Jahr 2008. Fakt ist
aber auch, dass über 400 der Verletzten Prellungen erlitten. Ins
Krankenhaus musste keiner. Ebenso entspannt ein genauer Blick auf die für
Samstag angemeldeten Kundgebungen. Nur zwei Veranstaltungen gelten
tatsächlich als potenzielle Gewaltanlässe.
Ab 12 Uhr wollen Rechtsextremisten durch den grün-bürgerlichen Stadtteil
Prenzlauer Berg ziehen. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) rechnet
mit bis zu 3.000 Teilnehmern. Die Organisatoren von zwei Bündnissen, die zu
Blockaden aufrufen, hoffen auf 10.000 Gegendemonstranten. Beides scheint
sehr hoch gegriffen zu sein. Zum einen ist noch völlig offen, welchen der
vielen, bundesweit angemeldeten Demonstrationsorte die gewaltbereiten
"Autonomen Nationalisten" bevorzugen werden. Zum anderen ist unklar, wie
viele Menschen sich den Nazis in den Weg stellen werden. Denn viele
Berliner haben noch gar nicht mitbekommen, wer ihnen am 1. Mai in
Prenzlauer Berg über den Weg laufen könnte. Auch weil die Polizei bis heute
die genaue Demo-Route verheimlicht, um Gegenproteste zu erschweren.
Von deren Ausgang wird auch abhängen, wie die Stimmung am Abend in
Kreuzberg ist. Dort treffen sich linksradikale Gruppen zu ihrer
traditionellen "18-Uhr-Demo", um - ähnlich wie die Nazis am Mittag - gegen
den Kapitalismus zu demonstrieren. Im Anschluss an diese Demo war es in den
vergangenen Jahren zu den Ausschreitungen gekommen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) setzt dennoch vor allem auf
die Bekämpfung linker Gewalt in den linken Szenehochburgen von Berlin und
Hamburg. "Rechtsextremisten, die demonstrieren, kann man auch durch
Nichtbeachtung besonders strafen", sagte er im Hamburger Abendblatt.
Leichtfertig? Immerhin griffen Neonazis der "Autonomen Nationalisten" im
vergangenen Jahr eine Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in
Dortmund an, nachdem der Nazi-Aufmarsch in Hannover untersagt wurde. Bei
dem Angriff war keine Polizei zugegen.
In Hamburg geht die Polizei in diesem Jahr ohnehin von einem eher ruhigen
1.-Mai-Abend im Schanzenviertel aus. Die Teilnehmerzahl der
sozialrevolutionäre Maidemonstration am Abend werde deutlich geringer
ausfallen als in den Vorjahren, da die Szene in der Israelfrage zurzeit
zerstritten sei, ist sich Polizeisprecher Ralf Meyer sicher. "Wir werden
aber mit mehreren Hundertschaften für alle Fälle Präsenz zeigen", kündigte
er an. Im vorigen Jahr war es auf der sich zur Amüsiermeile entwickelnden
"Piazza" direkt gegenüber dem autonomen Zentrum "Rote Flora" zu heftigen
Krawallen mit Flaschenwürfen und Barrikaden gekommen. Zwar war zunächst von
Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) der autonome Szene die Verantwortung
für die Randale gegeben worden. Später setzte sich aber auch bei den
Sicherheitsbehörden die Erkenntnis durch, dass vornehmlich
"erlebnisorientiertes Partyvolk" auf dem sogenannten Ballermann-Boulevard
für die Randale verantwortlich war.
Eine radikale Änderung droht dem 1. Mai weder von links noch von rechts -
sondern von oben. Bisher war der Tag der Arbeit zwar kein rechts-, aber
meist ein regenfreier Raum, der viele Menschen bis spät in die Nacht auf
die Straße lockt. Für diesen Samstag sind Schauer prognostiziert.
taz.de berichtet Freitag ab 17 Uhr und Samstag den ganzen Tag im LIVETICKER
von den Demos in Berlin, Hamburg und Rostock.
29 Apr 2010
## AUTOREN
G. Asmuth
F. Lee
K. von Appen
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