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# taz.de -- So klappt die 1.Mai-Blockade: Jeder nur ein Plakat!
> Am Samstag wollen bis zu 3.000 Neonazis durch Prenzlauer Berg
> marschieren. Ein breites Bündnis will das verhindern - mit Protesten und
> Blockaden. So gelingt's.
Bild: Das Berliner Vorbild: Die Blockade in Dresden im Februar
Wer demonstriert am 1. Mai in Prenzlauer Berg?
Der stellvertretende NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke hat für 12 Uhr eine
Kundgebung und Demonstration angemeldet. Motto: "Unserem Volk eine Zukunft.
Nationaler Sozialismus jetzt." Startpunkt ist der S-Bahnhof Bornholmer
Straße an der Grenze zwischen Wedding und Prenzlauer Berg. Danach wollen
die Neonazis bis zum S-Bahnhof Landsberger Allee marschieren. Die Polizei
erwartet bis zu 3.000 Teilnehmer - obwohl bisher nur zaghaft überregional
mobilisiert worden sei.
Wer protestiert dagegen?
Unter dem Aufruf "1. Mai - Nazifrei!" hat sich ein breites Bündnis aus
Initiativen, Parteien, antifaschistischen Gruppen, Jugend- und
Studierendenverbänden sowie Gewerkschaften zusammengeschlossen. Prominente
wie der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses Walter Momper,
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (beide SPD) und Musiker Bela B.
unterstützen die Proteste. Den Neonazis soll durch die schiere Masse der
Weg verstellt werden. Ziel ist, dass der Marsch der Rechten erst gar nicht
beginnt.
Wie viele Gegendemonstranten kommen denn?
Die OrganisatorInnen der Proteste hoffen auf 10.000 friedliche
Gegendemonstranten. So viele hatten im Februar dieses Jahres einen
Nazi-Aufmarsch in Dresden verhindert.
Wo finden die Blockaden statt?
Ab 9 Uhr will das Bündnis "1. Mai - Nazifrei!" die Bornholmer Straße und
die Osloer Straße rechts und links der Bösebrücke blockieren. Eine
gemeinsame Anreise ist geplant, um auf kurzfristige Routenänderungen - die
jederzeit möglich sind - reagieren zu können. Treffpunkt ist Punkt 9 Uhr an
der S-Bahn-Station Ostkreuz und zur gleichen Zeit am U-Bahnhof
Alexanderplatz (U 2).
Und wie kommen die Neonazis zur Bornholmer Straße?
Viele mit der S-Bahn. Angeblich werden sie von der Polizei zum Sammelpunkt
Bornholmer Straße eskortiert. Bei der Polizei angemeldet ist ihr Protest
übrigens schon ab 11 Uhr, auf vielen rechten Webseiten wird allerdings erst
für 12 Uhr mobilisiert. Das linke Protestbündnis will ein frühes
Aufeinandertreffen durch die rechtzeitige Anreise vermeiden.
Welche Art von Blockaden sind geplant?
Möglichst viele Menschen sollen die geplante Route der Neonazis verstopfen.
"Wenn es lange dauert, setzen wir uns auch hin", kündigt Jan Lauters,
Sprecher von "1. Mai - Nazifrei!", an.
Was sollten die Anti-Nazi-Protestierer mitbringen?
Sonnenbrille, Sonnencreme, Regenjacke und Wasser zum Trinken. Vielleicht
noch eine Tüte, auf die man sich setzen kann. Außerdem diese taz zum Lesen,
denn der Tag könnte lange dauern. Und eine Trillerpfeife, um sich Gehör zu
verschaffen.
Was sagt der Innensenator zum Neonazi-Aufmarsch?
"Eine Demokratie muss es ertragen können, dass auch solche Leute
demonstrieren", erklärt Ehrhart Körting (SPD).
Und zu den Blockaden?
Die vielen Aufrufe zur Blockade hält Körting für "höchst problematisch",
weil das Recht auf Demonstrationsfreiheit auch für Andersdenkende gelte. Es
sei ein wichtiges Minderheitenrecht.
Welche Proteste sind erlaubt?
Es ist rechtlich erlaubt, sowohl auf der Nazi-Demo selbst als auch entlang
der Strecke seine abweichende Meinung mit Plakaten, Transparenten oder
durch Rufe zu artikulieren - offiziell allerdings nur als Einzelperson oder
zu zweit. Sonst kann dies als genehmigungspflichtige Demonstration gewertet
werden.
Welche Proteste sind verboten?
Nach der Rechtsprechung der Bundesverfassungsgerichtes üben
(Sitz-)Blockierer keine Gewalt aus, sie machen sich damit nicht der
Nötigung strafbar. Für die Blockade einer Demonstration gibt es allerdings
jenseits der Nötigung einen eigenen Straftatbestand, weil Demonstrationen
unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes stehen. Im Versammlungsgesetz
heißt es: "Wer in der Absicht, nicht verbotene Versammlungen oder Aufzüge
zu verhindern (…), grobe Störungen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis
zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Auch gewaltfreie Blockierer
können also bestraft werden.
Mit welcher Strafe müssen Blockierer rechnen?
Das ist unter Juristen umstritten: Wer friedlich blockiert und nicht
vorbestraft ist, muss zumindest keine Gefängnisstrafe befürchten. Nach der
Blockade eines Neonazi-Aufmarsches in Dresden im Februar wurde unter
anderem gegen den Fraktionschef der Linken im sächsischen Landtag
ermittelt. Die Staatsanwaltschaft hat ihm vorgeschlagen, das Verfahren
gegen Zahlung von 500 Euro einzustellen.
Wie wird die Polizei vorgehen?
Tausende Beamte werden versuchen, Rechte und Gegendemonstranten strikt
voneinander zu trennen. "Ich gehe aber davon aus, dass die Rechtsextremen
die Proteste der Gegner mitbekommen. Das hängt davon ab, wie laut sie
rufen", so Körting.
Wann wird die Nazi-Demo abgeblasen?
Wenn Gewalttaten aus dem Aufzug heraus passieren, so der Innensenator,
"kann dieser aufgelöst werden".
Und was passiert mit den Gegendemonstranten?
Das bloße Sitzen auf der Straße sei laut Bundesverfassungsgericht nicht als
Gewalt anzusehen, so Körting. "Ich gehe aber davon aus, dass es nicht beim
Sitzen auf der Straße bleibt und Leute versuchen werden, gewalttätig
vorzugehen." Insofern hänge es von der Entwicklung vor Ort ab, wie sich die
Polizei verhalten werde.
Kann sich die Route der Neonazis noch ändern?
Vorab: Bei Redaktionsschluss gab es noch keine offiziell von der Polizei
bestätigte Route. Die mutmaßlich Strecke Richtung Landsberger Allee könnte
sich auch am Samstag noch ändern, beispielsweise Richtung Wedding. Im
Vorfeld gab es deswegen harsche Kritik an der Informationspolitik der
Polizei: "Man muss den Eindruck haben, dass hier der Protest gegen die
Nazi-Demo erschwert wird", sagte Pankows Bürgermeister Matthias Köhne
(SPD). Er stellte die Neutralität der Polizei in Frage und sprach von einer
"nicht hinzunehmenden Hinhaltepolitik". Körting begründet das Vorgehen der
Polizei mit Sicherheitserwägungen wegen der vielen militanten Aufrufe im
Internet. Immerhin bekräftigte er: Beginn des rechten Protestes sei die
Bornholmer Straße.
Wann kann ich endlich aufs Myfest in Kreuzberg gehen?
Das ist die große Frage. Polizeiinsider gehen davon aus, dass die Beamten
den rechten Aufzug bis 16 Uhr entweder vorzeitig beendet oder ans Ziel
geführt haben.
Weitere Infos des Aktionsbündnisses unter [1][www.1-mai-nazifrei.tk]
taz.de berichtet Freitag ab 17 Uhr und Samstag den ganzen Tag im LIVETICKER
von den Demos in Berlin, Hamburg und Rostock.
30 Apr 2010
## LINKS
[1] http://www.1-mai-nazifrei.tk
## AUTOREN
M. Heim
S. Heiser
P. Plarre
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