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# taz.de -- Dubioser Auftitt bei Cannes-Aids-Gala: Die Tochter des Despoten
> Bei der Aids-Gala in Cannes gibt die usbekische Präsidententochter
> Gulnara Karimowa die Wohltäterin. Ihr Vater verurteilte derweil einen
> Aktivisten der Aids-Prävention im eigenen Land.
Bild: Islam Karimov (hier auf einem Wahlplakat) verbietet das Verteilen von Aid…
Die "Cinema against Aids"-Gala am heutigen Donnerstag im Rahmen der
Filmfestspiele in Cannes gehört zu den schicksten Wohltätigkeitspartys der
Welt. Dieses Jahr unterstützen die Celebretys aus Kino und Mode allerdings
nicht nur den Kampf gegen Aids, sondern polieren gleichzeitig das Image
einer der weltweit schlimmsten Despotien auf.
Einer der prestigeträchtigen "Co-Chairs" des Abends, den der Ausrichter von
"Cinema against Aids", die Aids-Präventions- und Forschungsgesellschaft
Amfar, zu vergeben hat, geht gemäß der Webseite an "ihre Exzellenz
Botschafterin" Gulnara Karimowa. Die usbekische Präsidententochter vertritt
den zentralasiatischen Staat in Genf und Spanien. Der diesjährige Auftritt
der usbekischen Botschafterin bei "Cinema Against Aids" gerät damit zur
Farce, denn in dem zentralasiatischen Land sitzt zur selben Zeit der
Anti-Aids-Aktivist Maxim Popow im Gefängnis.
Er wurde im Februar 2009 verhaftet und zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Der 27-Jährige hatte laut Anklage zur im Reich der Karimow-Familie
strafbaren Homosexualität und zum Drogenmissbrauch aufgerufen. Dabei
verteilte der Aktivist lediglich Broschüren zur HIV-Prävention. Ein
Unicef-Sprecher bestätigte der taz, dass es in Usbekistan untersagt sei,
weltweit geläufige Präventionsbroschüren über Aids zu verteilen. Mit dem
UN-Kinderhilfswerk hatte Popow vor der Verhaftung zusammengearbeitet.
Wenige Monate nach Popows Verhaftung besuchte die Präsidententochter, laut
eigener Webseite "bekannt für ihre Wohltätigkeit", zum ersten Mal in Cannes
"Cinema Against Aids" und spendete "50.000 US-Dollar". Das Geld sollte
überwiegend der "Präventionserziehung" zugutekommen, wegen der Popow nun in
Usbekistan im Knast sitzt. Seit Anfang Mai 2010 fordern führende
US-Politiker und Vereine, die in der Aidsbekämpfung tätig sind, mit einem
gemeinsamen Schreiben die Freilassung des Aktivisten. Auch die Amfar
beteiligte sich am Aufruf.
All das ist keine Ausnahme im zentralasiatischen Staat: Islam Karimow, der
Vater der usbekischen Charitylady, ist ein grausamer Despot.
Menschenrechtler, Journalisten und Oppositionelle werden verhaftet und
bisweilen auch getötet. 2005 schlug Karimow beim Massaker von Andischan
einen Volksaufstand blutig nieder. Folter wird nach UN-Angaben
"systematisch" angewandt. Die Eliten bereichern sich hemmungslos an den
Reichtümern des Landes, und die spendenfreudige Tochter repräsentiert den
vom Vater geführten Tyrannenstaat eifrig nach außen.
So auch in Cannes: Aufgrund der Höhe von Gulnaras Karimowas finanzieller
Beteiligung im letzten Jahr habe sie die in New York ansässige Organisation
automatisch zum "Co-Chair" für 2010 gemacht, erklärte deren Sprecher Cub
Barrett der taz. Der Spiegel schätzt Karimowas Vermögen auf 570 Millionen
US-Dollar, und die Financial Times berichtete bereits 2002 über deren
brachiale Geschäftsmethoden.
All das scheint die Amfar nicht zu stören - man ist schließlich weltweit
äußerst erfolgreich, wenn es um das Einsammeln von Spendengeldern für
Aidsforschung und HIV-Prävention geht. Der alljährlich zu den Festspielen
von Cannes abgehaltenen Gala kommt dabei eine entscheidende Rolle zu.
Nachdem die taz die Organisation auf den Widerspruch hingewiesen hatte,
verschwand Gulnara Karimowa für einen Tag von der Webseite von "Cinema
against Aids". Doch nach 24 Stunden wurde sie wieder als "Co-Chair"
aufgeführt. Die usbekische Botschaft in Spanien erklärte sich auf
taz-Nachfrage nicht für die Aktivitäten der Botschafterin zuständig.
20 May 2010
## AUTOREN
Marcus Bensmann
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