# taz.de -- Internationale Aids-Konferenz: Mit Steuergeldern gegen Aids | |
> Finanzunternehmen sollen für den Kampf gegen HIV und Aids zahlen, fordert | |
> der Chef des UNO-Aids-Programms. Und ein Ende der Diskriminierung von | |
> Drogenabhängigen in Osteuropa. | |
Bild: "Investitionen in Gesundheit sind gute Investitionen in die Wirtschaft": … | |
WIEN taz | Ex-US-Präsident Bill Clinton weiß, wie man schwierige Themen | |
verkauft. Vor dem Plenum der XVIII. Internationalen Aids-Konferenz in Wien | |
warnte er am Montag davor, die Finanzkrise als Vorwand zu verwenden, um | |
Kranken die Behandlung zu verweigern. Denn: "Investitionen in Gesundheit | |
sind gute Investitionen in die Wirtschaft." | |
Ähnliches hatten auch Dutzende Demonstranten gefordert. Mit einem Banner | |
"No Retreat, Fund Aids" demonstrierten sie gegen Staaten wie Österreich, | |
die sich aus der Finanzierung von Aids-Forschung und -Therapie zurückziehen | |
oder nie engagiert haben. Clinton forderte in seiner Ansprache neue | |
Finanzierungsmodelle im Kampf gegen HIV-Infektionen. Um von Großspendern | |
und staatlichen Zuschüssen unabhängig zu werden, müsse man eine große | |
Anzahl von Menschen mit kleinen Beträgen zur Kasse bitten. Er denke da an | |
minimale Aufschläge auf Eintrittspreise für Sportveranstaltungen oder | |
freiwillige Überweisungen beim Kauf eines Flugtickets. | |
Dass Therapien sich wirtschaftlich rechnen, belegt eine Studie in der | |
medizinischen Fachzeitschrift The Lancet, wonach in der kanadischen Provinz | |
British Columbia die Zahl neuer HIV-Infektionen um 52 Prozent gesunken sei, | |
als fünfmal mehr Patienten in Therapie kamen. | |
An einem ganz anderem Punkz als Clinton setzt Michel Sidibé, der Chef des | |
UNO-Aids-Programms (UN-Aids) an. Er will die Finanzunternehmen weltweit | |
besteuern: "Die Zeit ist gekommen für eine Robin Hood Tax, damit auch der | |
Finanzsektor einen gerechten Anteil leistet." Sidibé zeigte sich zufrieden, | |
was die weltweite Aufmerksamkeit für das Problem betrifft: "Die | |
Verschwörung des Schweigens wurde beendet. Fünf Millionen Menschen sind am | |
Leben, weil sie eine Behandlung bekommen. Die Neuinfektionsraten mit HIV | |
sind seit 2001 um 17 Prozent zurückgegangen". Er sei aber schockiert, dass | |
die Prävention noch immer zu kurz komme: "Manche Regierungen bekämpfen | |
verwundbare Bevölkerungsgruppen. Die Behandlung kann nicht aufrechterhalten | |
werden. Die Kosten steigen." | |
In vielen Staaten werden Risikogruppen noch immer verfolgt. UN-Aids will | |
deshalb bis 2011 alle "strafrechtlichen Bestimmungen, Strategien, | |
Praktiken, Stigma und Diskriminierung" beseitigt sehen, welche den Kampf | |
gegen Aids behindern. | |
Vladimir Zhovtyak, Präsident der osteuropäischen und zentralasiatischen | |
Union der Menschen mit HIV/Aids, kennt ausreichend Beispiele, etwa in der | |
Ukraine: "Man verletzt das Recht auf Leben. Jeder zweite von uns stirbt an | |
Tuberkulose. Dreimal mehr Menschen würden eine Therapie benötigen." In | |
Usbekistan seien die Zentren für die Substitutionstherapie von | |
Drogenabhängigen geschlossen worden. Die Regierungen seien in der | |
Verantwortung: "Wir, die wir mit HIV leben, werden dafür einstehen, dass | |
wir diese Epidemie beenden." In den Staaten Osteuropas und Zentralasiens, | |
denen der regionale Schwerpunkt der Konferenz gilt, werden Drogenabhängige | |
meist als Kriminelle betrachtet. Die vor der Konferenz von den | |
Veranstaltern veröffentlichte Wiener Erklärung fordert ein Ende dieser | |
Diskriminierungen und die Entkriminalisierung von Drogenmissbrauch. | |
19 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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