# taz.de -- Atomtransport: Der Transporteur hat das Sagen | |
> Die strahlenden Brennstäbe des ehemaligen Atomschiffs "Otto Hahn" werden | |
> kommende Woche von Geesthacht nach Frankreich gebracht - auf der Straße. | |
Bild: Bei der GKSS ist der Atommüll unter Kontrolle. | |
Heiße Eisen: 49 bestrahlte Brennstäbe aus dem 1979 stillgelegten | |
Atomfrachter "Otto Hahn" lagern seit fast 30 Jahren im | |
Atomforschungszentrum GKSS in Geesthacht. In der kommenden Woche soll der | |
hoch radioaktive Abfall ins französische Kernforschungszentrum Cadarache | |
nahe Marseille gebracht werden: mit einem Lkw. | |
Beauftragt ist damit die Firma "Nuclear Cargo + Service" (NCS) im | |
hessischen Hanau, die über den Spezialbehälter TN 72 verfügt, der für den | |
Transport von Brennelementen aus Forschungsreaktoren konzipiert worden ist. | |
NCS hat den Weg über die Straße beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) | |
beantragt. | |
"Wenn schon dieser unsinnige Transport stattfindet, dann sollte er nicht | |
auf der Straße erfolgen, sondern auf der sichereren Schiene", fordert Dirk | |
Seifert, Energiereferent von Robin Wood in Hamburg. Doch darauf hat das BfS | |
keinen Einfluss: "Wir prüfen das Versandstück auf seine Tauglichkeit", sagt | |
eine Sprecherin. Wenn das Versandstück die Sicherheit gewährleiste, müsse | |
der Transport nach Atomgesetz genehmigt werden, fährt sie fort - "egal ob | |
auf der Straße oder Schiene". Denn die Route und die Bestimmung des | |
Beförderungsart sei Sache der Bundesländer, durch die der Transport | |
verläuft. | |
Die sonstigen radioaktiven Abfälle von der "Otto Hahn" gehen nicht mit auf | |
die Reise: neben in Fässern gelagerte Kabel, Filter und Rohre auch der | |
Reaktordruckbehälter des Schiffes, der in einem Senkschacht eingebunkert | |
wurde. "Der Reaktordruckbehälter bleibt erstmal noch hier", sagt | |
GKSS-Sprecher Torsten Fischer. | |
Nach Angaben des GKSS ist es nicht möglich, den 1.500-Kilometer-Weg nach | |
Südfrankreich zu vermeiden, indem die Brennstäbe gleich im benachbarten | |
Atomkraftwerk Krümmel in einen Castor verladen werden. "Es liegt keine | |
Genehmigung vor, dass im Kernkraftwerk Krümmel mit Brennstoff der ,Otto | |
Hahn' gehandhabt werden darf", bestätigte am Dienstag Oliver Breuer, | |
Sprecher des für die Atomaufsicht zuständige Kieler Justizministeriums. | |
Eine Ausnahmegenehmigung sei nicht beantragt worden, sagt Breuer. | |
In Geesthacht ist derweil eine hitzige Debatte darüber entbrannt, warum die | |
Anwohner überhaupt nicht von der Lagerung der Brennstäbe wussten. Andrea | |
Boll vom Umweltschutzverband BUND in Geesthacht sagt, dass Mitglieder der | |
Anti-Atominitiative in den vergangenen Jahre mehrfach nachgefragt hätten. | |
"Dass der Reaktorbehälter dort lagert, war klar, der ist groß, den kann man | |
ja nicht übersehen", sagt sie. Von den Brennstäben dagegen "war nie die | |
Rede". | |
GKSS-Sprecher Fische dagegen beteuert: "Wir haben daraus nie ein Geheimnis | |
gemacht." Erst im vorigen August habe er auf eine Anfrage der grünen | |
Bundestagsfraktion hin von der Lagerung der Brennstäbe berichtet. Die | |
Öffentlichkeit vor Ort sei aber offenbar nicht informiert worden. "Man muss | |
aber auch sagen, dass Mitarbeiter, die zu Zeiten der ,Otto Hahn' noch nicht | |
bei der GKSS gearbeitet haben, heute erstaunt sind, was alles in Kellern | |
und auf den Dachböden lagert", sagt Boll. | |
Die Umweltaktivistin sieht das elementare Problem darin, dass bei der | |
Nutzung der Atomenergie Überbleibsel anfallen, was leicht in Vergessenheit | |
gerate. Auch jetzt karre man die Hinterlassenschaften der "Otto Hahn" quer | |
durch Europa, um sie im Zwischenlager zu parken, sagt Ludmin - "wieder ohne | |
Entsorgungskonzept". | |
15 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
Kai von Appen | |
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Hamburger Senat | |
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