# taz.de -- Umweltministerin über Solarförderung: "Ein Kompromiss ist nötig" | |
> Für 3 Euro mehr auf der Stromrechnung darf man nicht die ganze | |
> Solarbranche riskieren, meint die rheinland-pfälzische Umweltministerin | |
> Margit Conrad. | |
Bild: Margit Conrad: "Ein Kompromiss ist möglich; er könnte in einem Paket be… | |
taz: Frau Conrad, der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und | |
Bundesrat entscheidet heute über einen Kompromiss zur geplanten Kürzung der | |
Solarförderung. Wie wird der aussehen? | |
Margit Conrad: Ein Kompromiss ist möglich; er könnte in einem Paket | |
bestehen, das beide Seiten akzeptieren können. Erstens: Die Absenkung der | |
Tarife für Dachanlagen sollte nicht bei minus 16 Prozent liegen, sondern | |
moderater ausfallen. Nachdem die Tarife zum Jahresanfang bereits um 9 | |
Prozent abgesenkt worden waren, wäre ein so drastischer Rückgang für die | |
Branche nicht verkraftbar. Zweitens sollte es einen "Bonus" für besonders | |
innovative Anlagen geben. Integrierte Dach- oder Fassadenanlagen etwa | |
sollten eine weniger starke Absenkung erfahren als Auf-Dach-Anlagen. In der | |
Innovation liegt die Stärke der Solarindustrie, aber auch ihre Zukunft. | |
Solche innovativen Anlagen sind zudem noch teurer als Serienprodukte. Und | |
drittens sollte auf den sogenannten Deckel verzichtet werden. | |
Das müssen Sie erklären! | |
Im Gesetz ist vorgesehen, dass sich die Höhe der Tarife nach der Höhe des | |
Zubaus der installierten Anlagen richtet. Werden beispielsweise 2010 | |
Anlagen mit einer Leistung von bis zu 5.500 Megawatt installiert, so | |
reduzieren sich die Tarife zusätzlich zur Basisabsenkung von 9 Prozent noch | |
einmal um 2 Prozent. Werden noch mehr zugebaut, müsste die Branche eine | |
weitere Tarifsenkung um insgesamt 13 Prozent verkraften. Wegen der | |
geplanten drastischen Reduzierung der Einspeisevergütung gibt es zurzeit | |
einen Solarboom sowohl bei Dach- als auch bei Freiflächenanlagen, deren | |
Förderung nahezu eingestellt wird. Branchenprognosen gehen 2010 von einem | |
Zubau über 6.000 Megawatt aus. | |
Verbraucherschützer monieren, dass der Solarboom den Strompreis treibt. Ist | |
es nicht richtig, da über das Preissystem eher auf die Bremse zu treten? | |
Ich bin in Rheinland-Pfalz nicht nur Umweltministerin, sondern auch | |
zuständig für den Verbraucherschutz. Es liegt im Interesse der | |
Verbraucherinnen und Verbraucher, dass die erneuerbaren Energien für | |
Wettbewerb sorgen und bereits heute, erst recht in Zukunft, zur Stabilität | |
bei den Strompreisen beitragen. Auch unter Berücksichtigung der Zahlen des | |
Bundesumweltministeriums würde sich der Vorschlag des Bundesrates nur | |
marginal auf die EEG-Umlage auswirken, um 0,1 bis 0,2 Cent pro | |
Kilowattstunde. Das bedeutet gegebenenfalls für einen | |
Vier-Personen-Haushalt zwischen 3 und 7 Euro pro Jahr. Ein Betrag, der im | |
Rauschen der Strompreisentwicklung untergeht, die mehr von Brennstoffkosten | |
oder der Marktmacht von Stromanbietern abhängt. Verbraucherschutz ist kein | |
Argument, diese Zukunftsbranche zu gefährden, die regionale | |
Wirtschaftskraft stärkt und das Klima schützt. | |
Es ist unbestritten, dass die Solarförderung für die Anlagenbetreiber ein | |
gutes Geschäft ist. | |
Moment! Hier geht es um den Industriestandort für die Zukunftstechnologie | |
Solar. Wer dort heute in Forschung und Arbeitsplätze investiert, muss diese | |
Investition erst über Jahre verdienen. Diese Branche braucht | |
kostendeckende, degressive Einspeisevergütung. Davon hat sich die | |
Bundesregierung entfernt. Wir müssen den Atem haben, auch die | |
Massenproduktion zu entwickeln, um schnell die Netzparität zu erreichen: | |
jenen Punkt, an dem Sonnenstrom vom Dach, selbst genutzt, genau so teuer | |
ist wie Strom aus der Steckdose. Dies macht die Solarförderung billig und | |
schafft auch Wettbewerb im Stromsektor: absolut im Interesse der | |
Verbraucherinnen und Verbraucher. | |
Trotzdem erklärte die Bundesregierung, an ihren Plänen nichts mehr ändern | |
zu wollen. Wieso sind Sie optimistisch, dass es heute zum Kompromiss kommt? | |
Weil wir einen Kompromiss brauchen. Die Arbeitsgruppe greift Signale in der | |
Diskussion auf, und die Vertreter von Bundestag und Bundesrat haben die | |
Zahlen abgeglichen. Auch der Bundestag wird anerkennen, dass 3 Euro mehr | |
auf der Stromrechnung nicht rechtfertigen, eine ganze Branche aufs Spiel zu | |
setzen. Auch in der Union gibt es Kräfte, zum Beispiel in den Ländern, die | |
einen Kompromiss unterstützen. | |
5 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Nick Reimer | |
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