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# taz.de -- Kolumne Afrika Afrika: Allah, Allah, Alemania!
> Doch dann kam dieser "Achtabuut" ins Spiel, dieser orakelnde Oktopus
> namens Paul, der sich nach Spanien streckte. Und in allen arabischen
> Sportschauen wurde er zum Tagesthema.
Für ein paar Wochen war die arabische Öffentlichkeit in die Welt des
Fußballs abgetaucht. Möglichst weit weg von den nahöstlichen Krisen. Was
nicht immer möglich war. Die Besitzer des Restaurants Bahamas im
palästinensischen Ort Beit Jalla im Westjordanland etwa projizierten die
Spiele kurzerhand auf die israelische Betonmauer, die ihnen seit Jahren den
Blick auf Jerusalem nimmt.
In Ägypten wurden die öffentlichen WM-Vorführungen der holländischen
Botschaft in Kairo legendär. Voraussetzung für den Einlass war ein gut
sichtbares orangenfarbenes Kleidungsstück, und so wurden nach den
holländischen Torschüssen die Tänze der Frauen in orangen Kopftüchern und
mit Van-Persie-Trikots zur Antithese von Geert Wilders enger
Weltanschauung. Gegen Ende des Turniers sind allerdings vor allem spanische
Trikots gefragt, auf die sich die arabischen Kunden ihren eigenen Namen
drucken lassen. Mancherorts allerdings auch die deutschen. Die meisten
Kunden wählen den für sie so kuriosen "Schweinsteiger" als Aufdruck am
Rücken. Wohl weniger wegen des Schweins.
Mit deutschen Namen hatten die arabischen Fußballkommentatoren ihre liebe
Not. So begnügte sich der Kommentator bei al-Dschasira Sport auch einmal
mit einem kurzen "Los, Schwein, los!", wenn der deutsche Siebener sich
durch die Abwehrreihen der Gegner dribbelte. Überhaupt war man voll des
Lobes für das deutsche Team. Beim Spiel gegen England waren die
Kommentatoren mit ihrem "Allah, Allah, Allah - Goooooooool li Alemania"
kaum mehr zu halten. Weswegen die ägyptische Zeitung Al-Ahram am nächsten
Tag gleich das Spiel der "deutschen Maschinen gegen den Tango" ankündigten.
Und selbstredend kündigten die arabischen Zeitungen später das Spiel der
"deutschen Maschinen gegen die Matadore" an.
Doch dann kam dieser "Achtabuut" ins Spiel, wie er auf arabisch heißt,
dieser orakelnde Oktopus. Er wurde nicht nur in Kairo zum Tagesthema,
sondern in allen arabischen Sportschauen war Tintenfisch Paul zu sehen, wie
er seine Fangarme nach Spanien ausstreckte.
Ach ja, hatte da nicht auch noch eine arabische Mannschaft an der WM
teilgenommen?
Nicht Ägypten, der mehrfache Afrika-Cup-Gewinner. Nein, Algerien, das
Ägypten mit einem Wiederholungsspiel in der WM-Qualifikation vorab aus dem
Turnier gekegelt hatte. Aber mit seinem frühen unspektakulären Ausscheiden
in Südafrika ist Algerien jetzt früh in die kollektive arabische
Vergessenheit geraten, genauso wie die eigenen politischen Krisen. "Die
Menschen suchen ihr Glück im Fußball, weil sie in der Politik nur Elend
finden. Sie freuen sich, wenn der Ball über die Torlinie rollt und sie sind
all dieser traurigen Ereignisse überdrüssig", beschrieb ein Kolumnist in
der überregionalen arabischen Tageszeitung al-Hayat die arabische
WM-Gemütslage.
Natürlich hätte er noch den eigenen traurigen arabischen Fußball hinzufügen
können. Der wichtigste arabische Beitrag zu dieser WM, ja vielleicht auch
für zukünftige internationale Fußballveranstaltungen, ist gar nicht
sportlich, sondern eine Fatwa, ein islamisches Rechtgutachten. Die Scheichs
der Arabischen Emirate urteilten, dass Vuvuzelas haram sind, also islamisch
verboten.
11 Jul 2010
## AUTOREN
Karim Gawhary
Karim El-Gawhary
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