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# taz.de -- Ökologische Kleidung: Bio nicht gleich Bio
> Beim Kauf von Öko-Kleidung hapert es an der Zertifizierung. Jetzt sieht
> die Verbraucherzentrale die Poltiik in der Verantwortung, den
> Etikettenschwindel zu beenden.
Bild: Rein ökologisch? Das Haus-Biolabel von H&M.
BERLIN taz | Wer Biokleidung kauft, kann sich nicht sicher sein, dass er
auch wirklich Bioware erhält. Das legt eine neue Studie der Stiftung
Warentest nahe. Für den Test wurde die Herstellungskette von zwanzig
Damen-T-Shirts verschiedener Unternehmen untersucht. Fünf dieser T-Shirts
sollen nach Angaben der Hersteller aus Bio-Baumwolle gewesen sein. Die
Tester wollten dieser Behauptung nachgehen — mit ernüchterndem Ergebnis.
"Wir haben die Hersteller der Bioware um die Biozertifikate jedes einzelnen
Produktionsschrittes gebeten. Das allein war ein ziemlich schwieriger und
langwieriger Prozess", erklärt Nicole Merbach von der Stiftung Warentest.
Das Ergebnis: Nur die Firma hessnatur konnte einen lückenlos als Bio
zertifizierten Produktionsprozess vorweisen.
Bei den Herstellern Otto, Trigema, armedangels und Panda fehlte jeweils ein
Stück in der Kette. "Das heißt nicht, dass die T-Shirts nicht aus
Bio-Baumwolle bestehen", formuliert Merbach vorsichtig. "Aber der Kunde
kann es nicht sicher wissen. Ein Restverdacht bleibt." Ein Hinweis auf ein
falsch etikettiertes, konventionell hergestelltes Kleidungsstück sei etwa
ein hoher Anteil an genetisch veränderter Baumwolle. Ein solcher Hinweis
wurde in den getesteten T-Shirts allerdings nicht gefunden.
Der deutsche Kleiderhersteller Trigema will die Vorwürfe nicht auf sich
sitzen lassen. Firmeninhaber Wolfgang Grupp sagt wütend: "Natürlich haben
wir ein klassisches ,Global Organic Textil Standard' (GOTS)-Zertifikat für
unsere Bio-Baumwolle." Das Auftragsunternehmen der Stiftung Warentest, das
vor Ort in der Türkei den Anbau der Baumwolle kontrollierte, habe aber ein
Transaktionszertifikat verlangt. "So etwas kannten wir gar nicht, und die
Firma konnte uns auch nicht sagen, wie das aussieht."
Die Aufgabe eines Transaktionszertifikats ist es, jeden
Zwischenverkaufschritt zu überprüfen und möglichst auszuschließen, dass es
zum Austausch oder zur Umetikettierung der Ware kommt. "Wir haben
Rechnungen aller Lieferanten und Zwischenhändler vorgelegt", sagt Grupp.
"Wenn ich ein Transaktionszertifikat benötige, muss man mir sagen, wo ich
das erhalte."
Im Dschungel der verschiedenen Biosiegel ist es für den Verbraucher
schwierig, den Überblick zu behalten. Zusätzlich kreieren viele große
Firmen wie Otto und H&M eigene Haus-Biolabels. Dadurch versprechen sie
ihren Kunden nach Ansicht der Verbraucherzentralen mehr Verantwortung, als
sie einhielten.
Die Verbraucherzentralen sehen deshalb nun die Politik gefordert: Sie müsse
"dafür sorgen, dass dieser Etikettenschwindel ein Ende hat", erklärte
Gerhard Billen vom Bundesvorstand der Verbraucherzentrale. "Wer ,Bio' auf
seine Produkte schreibt, muss auch in der Lage sein, die Herkunft und
Qualität nachzuweisen."
2 Aug 2010
## AUTOREN
Jonas Vogt
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