# taz.de -- Kleidungsfabriken zahlen Mindestlohn nicht: Der Schmutz, den man ni… | |
> Zehn Prozent der Fabriken zahlen den erkämpften Mindestlohn nicht, Lidl | |
> verletzt weiter Sozialstandards. Die Kampagne für saubere Kleidung | |
> fordert eine EU-Regelung. | |
Bild: Die schmutzigen Arbeitsbedingungen sieht man nicht. | |
BERLIN taz | Gewerkschafter in Bangladesch rechnen nicht damit, dass der | |
zum 1. November erhöhte Mindestlohn auch wirklich gezahlt wird. "Es wird | |
wohl ein Jahr dauern, bis der neue Grundlohn weitgehend gezahlt wird", | |
sagte Arif Akter, Generalsekretärin Bekleidungsgewerkschaft NGWF am | |
Dienstag in Berlin. Arbeitgeber versuchten bereits, die Lohnerhöhung auf | |
Dezember zu schieben, um damit verbundene höhere Bonuszahlungen zu umgehen. | |
Der Arbeitsrechtsexperte Korshed Alam aus Dhaka ergänzte, nach der letzten | |
Lohnerhöhung von 2006 würden immer noch zehn Prozent von Bangladeschs | |
Fabriken nicht den bisherigen Mindestlohn zahlen. Dieser gilt als weltweit | |
niedrigster Industrielohn. Alam hatte im April in einer Studie dem | |
deutschen Discounter Lidl die Nichteinhaltung seines Sozialkodex | |
nachgewiesen. | |
Im Frühjahr und Sommer streikten die ArbeiterInnen in Bangladeschs Textil- | |
und Bekleidungsindustrie, dem wichtigsten Exportsektor des Landes. Am Ende | |
der zum Teil gewalttätigen Arbeitskämpfe wurde eine Erhöhung des | |
monatlichen Mindestlohns von umgerechnet 17 auf 30 Euro zum 1. November | |
durchgesetzt. Die Gewerkschaften hatten ursprünglich 50 Euro gefordert. | |
"Der neue Lohn ist nur eine kleine Verbesserung, denn die | |
Lebenshaltungskosten sind auch stark gestiegen", so Akter. Zum Teil hätten | |
sich die Preise in den letzten vier Jahren verdoppelt. | |
Laut der Kampagne für saubere Kleidung (CCC), welche die Gewerkschafter zu | |
einer Deutschlandtour eingeladen hatte, beträgt ein existenzsichernder Lohn | |
in Bangladesch 100 Euro. Die von Alam untersuchten vier Produzenten von | |
Lidl-Bekleidung in Bangladesch zahlten zwar den bisherigen Mindestlohn, | |
aber keinen existenzsichernden Lohn. Zudem überschritten sie die maximal | |
zulässigen Arbeitsstunden, schränkten das Recht auf Vereinigungsfreiheit | |
(Gewerkschaften) ein, diskriminierten Frauen und zahlten Überstunden nicht | |
wie vorgeschrieben. | |
Nach einer Klage der Verbraucherzentrale Hamburg hatte Lidl seine | |
irreführende Werbung über seine angeblichen Sozialstandards eingestellt. | |
Die CCC-Discounter-Expertin Gisela Burckhardt sieht die Politik gefordert. | |
"Es gibt in Europa eine Regulierungslücke. Wir können hier nicht gegen | |
Firmen vorgehen, deren Zulieferer die lokalen Gesetze nicht einhalten." | |
Doch hiesige Discounter hätten bei ihren Produzenten in Bangladesch eine | |
Sorgfaltspflicht. | |
10 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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