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# taz.de -- Kommentar Stuttgart 21: Radikale Ignoranz
> Das Mantra in der Stuttgarter Presse: Die Schwaben dürften sich nicht
> gemein machen mit Radikalen, Autonomen und Chaoten. Das Problem ist nur:
> Die gibt es in Stuttgart gar nicht.
Vorsicht, Leute, im Ländle droht der Volksaufstand, und die Chaoten wetzen
schon die Messer. Mit diesen Warnungen ist eine erschrockene Politkaste von
Konservativen, Bild-Zeitung und Lokalpresse darum bemüht, sich gegen die
zunehmenden Bürgerproteste auf Stuttgarts Straßen zur Wehr zu setzen. Ihr
Mantra: Die Schwaben dürften sich nicht gemein machen mit Radikalen,
Autonomen und Chaoten. Das Problem ist nur: Die gibt es in Stuttgart gar
nicht.
Wer sich in Stuttgart auf die Suche nach dem Schwarzen Block macht, stößt
auf ein paar AntifaschistInnen, AntikapitalistInnen, SozialistInnen. Doch
alles, was einen Schwarzen Block definiert - formiertes Auftreten, autonome
Subversion, vermummte Militanz -, sucht man in der Hauptstadt der
Biedermeier vergebens. Tatsache ist: Die Bürgerinnen und Bürger selbst
werden immer entschlossener. Sie ziehen in Erwägung, sich auf Sitzblockaden
einzulassen und sich an Bäume zu ketten. Wer diesen bürgerlichen zivilen
Ungehorsam mit radikalem Chaotentum verwechselt, hat nicht nur keine
Ahnung, sondern begibt sich auch in die Gefahr politischen
Realitätsverlustes.
Weil sie selbst keinen Kompromiss eingehen will, baut diese
Radikalisierungspolitik auf die Delegitimation des Gegenübers. Die
Strategie ist nicht neu. Doch nirgends wird ihre Paradoxie deutlicher als
derzeit in Baden-Württemberg, wo Bürgerinnen und Bürger aller Milieus
tagtäglich aufs Neue ihr Konzept von Gewaltfreiheit beweisen.
Das heißt übrigens durchaus, dass sämtliche Mittel des zivilen Ungehorsams
legitim sind. Ziviler Ungehorsam, das sagt schon der Begriff, lebt
naturgemäß von seinem friedlichen Charakter. Umso mehr, wenn er von allen
getragen wird.
9 Aug 2010
## AUTOREN
Martin Kaul
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