# taz.de -- Reaktion auf Stuttgart 21-Architekten: "Wir sind keine Ewiggestrige… | |
> Gegner des Projekts wehren sich gegen Vorwürfe das Architekten, sie | |
> wollten einfach nur "keine Veränderung". Der Abriss des alten Bahnhofs | |
> beginnt. | |
Bild: Da geht es hin, das Vordach: Abrissbeginn am alten Kopfbahnhof am Freitag… | |
BERLIN taz | Verärgert haben Bahnexperten und Gegner des Milliardenprojekts | |
"Stuttgart 21" auf Aussagen von Christoph Ingenhoven reagiert. Der | |
Architekt des unterirdischen Durchgangsbahnhofs, der in den kommenden | |
Jahren in der baden-württembergischen Landeshauptstadt gebaut werden soll, | |
hatte im taz-Interview am Freitag die Demonstranten als "ältere Generation" | |
abgestempelt, die "keine Veränderung" wolle. Auch hatte er behauptet, der | |
Erhalt des oberirdischen Kopfbahnhofs "ist fast genauso teuer, und alle | |
Nachteile bleiben Stuttgart erhalten". | |
"Der heutige Bahnhof ist absolut leistungsfähig", erwidert Michael Holzhey. | |
Der Verkehrsgutachter hatte im Auftrag des Umweltbundesamts eine Studie | |
über effektiven Schienengüterverkehr erstellt und darin "Stuttgart 21" als | |
"verkehrlich hochgradig ineffektiv" kritisiert. "Die Reduktion von heute 17 | |
auf künftig 8 Bahngleise wird sich als betriebliches Nadelöhr erweisen", so | |
Holzhey zur taz. | |
Falsch sei insbesondere die Aussage über die Kosten. Selbst die Deutsche | |
Bahn sei Ende 2009 in einem Bericht davon ausgegangen, dass sich die Kosten | |
für die Verbesserung des Kopfbahnhofs langfristig auf 1,35 Milliarden Euro | |
belaufen würden. "Das ist doch deutlich weniger als 4,1 Milliarden", sagt | |
Holzhey. | |
Offizielle Zahlen gehen davon aus, dass sich die Kosten für "Stuttgart 21" | |
auf 4,1 Milliarden Euro belaufen. Der Bundesrechnungshof veranschlagte | |
bereits vor drei Jahren 5,3 Milliarden Euro. Das Hauptkostenproblem steckt | |
laut Holzhey in den gut 30 Kilometer langen Tunneln, in denen die Gleise | |
unter der Stadt verschwinden sollen. | |
Zudem hätten sich die Rahmenbedingungen seit Beginn der "Stuttgart | |
21"-Planungen Anfang der Neunziger Jahre "fundamental geändert": "Das | |
Rückwärtsgewandte liegt bei denjenigen, die ihre Planungen nicht ändern, | |
obwohl sich drumherum alles geändert hat", sagt Holzhey. | |
Dies betonen auch die Organisatoren der Protestbewegung. "Wir sind nicht | |
Ewiggestrige", sagt Axel Wieland, der Vorsitzende des Regionalverbands | |
Stuttgart der Umweltschutzgruppe BUND. "Wir sind sehr an einer modernen | |
Bahnstruktur interessiert. Aber wir gehen davon aus, was der Bahnkunde | |
braucht, und wollen keine Projekte, mit denen sich einige Leute verewigen | |
lassen." Außerdem sei es die Stärke der Bewegung, dass bei den Protesten | |
ein breites Spektrum vertreten sei - quer durch alle Altersgruppen, | |
Schichten und politischen Lager. | |
Derweil schreiten die Bauarbeiten am Hauptbahnhof weiter voran. Am Freitag | |
rollte ein Bagger an, der damit begann, das Vordach des Nordflügels | |
abzureißen. Die Polizei war mit rund 30 Einsatzkräften vor Ort. Vier | |
Demonstranten, die die Arbeiten am frühen Morgen mit Sitzblockaden | |
behinderten, wurden laut Polizei wegen Nötigung angezeigt. Etwa 20 weitere | |
Gegner waren am Morgen spontan zum Bahnhof gekommen und trommelten unter | |
anderem mit Holzlatten gegen den Bauzaun, der vor zwei Wochen um den | |
Nordflügel aufgestellt worden war. | |
Derweil zeigte sich Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) | |
unbeeindruckt von den bisherigen Protesten. Die Gegner sollten endlich | |
einsehen, dass das Projekt realisiert werde, sagte Schuster im | |
Südwestrundfunk. Statt zu protestieren, sollten sie sich an der Gestaltung | |
des neuen Bahnhofsbereichs beteiligen. "Die Gegnerseite muss zur Kenntnis | |
nehmen, es wird gebaut", so der CDU-Politiker. | |
13 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Nadine Michel | |
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