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# taz.de -- Sexualstraftäter nach der Haft: Streit um Internet-Pranger
> Unionspolitiker wollen die Aufenthaltsorte von Sexualverbrechern im
> Internet veröffentlichen - zum Schutz der Bevölkerung. Polizei und
> Justizministerium lehnen die Idee als rechtswidrig ab.
Bild: Wie umgehen mit Sexualverbrechern nach der Entlassung? Union, Ministerium…
BERLIN afp | In der Debatte um die Sicherungsverwahrung von
Schwerverbrechern haben Unionspolitiker gefordert, die Aufenthaltsorte
bestimmter Sexualstraftäter künftig öffentlich zu machen. Zusätzlich zur
Sicherungsverwahrung müsse darüber nachgedacht werden, die Bevölkerung
besser zu schützen, sagte der CSU-Sicherheitsexperte Norbert Geis der Bild
vom Montag. Dazu könne auch ein Hinweis im Internet über den Wohnort von
gefährlichen und noch immer frei herumlaufenden Sexualverbrechern zählen.
Das Justiz- und das Innenministerium wiesen die Forderungen in Berlin
zurück.
Auch der Innenexperte der CDU-Bundestagsfraktion, Reinhard Grindel,
forderte im Kölner Stadt-Anzeiger, rechtlich zu prüfen, ob Name, Anschrift
und Foto von Sexualstraftätern auf Polizei-Webseiten veröffentlicht werden
könnten. Die von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
geplante Fußfessel zur Überwachung freigelassener Straftäter erstelle nur
"ein reines Bewegungsprofil".
Grindel hob hervor, Bund und Länder müssten aber eine einheitliche Linie
verfolgen, "sonst ziehen die Leute einfach um". Für eine Veröffentlichung
der Daten hatte sich am Wochenende auch der Vorsitzende der Deutschen
Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, ausgesprochen.
Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums lehnte die Forderungen ab. "Aus
unserer Sicht ist das kein gangbarer Weg", sagte der Sprecher am Montag in
Berlin. Eine solche Lösung sei aus Sicht des Justizministeriums nicht
geplant, bei der Reform der Sicherungsverwahrung gehe es darum,
"vernünftige Lösungen zu finden und nicht womöglich Ängste der Bürger zu
schüren". Ein Sprecher des Innenministeriums fügte hinzu, ein
Veröffentlichen der Daten wäre womöglich auch "verfassungsrechtlich
problematisch".
Ein "Internet-Pranger" sei rechtswidrig, erklärte am Montag auch der Chef
der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg. Die Polizei würde
dadurch zudem vor unlösbare Aufgaben gestellt, da sie dann auch noch
haftentlassene Straftäter vor "unabsehbaren Reaktionen aus der Bevölkerung"
schützen müsse. Die Linken-Abgeordnete Petra Pau erklärte, "der Pranger
stammt aus dem Mittelalter, der aktuelle Unions-Vorschlag auch. Er ist
rechtswidrig".
FDP und Union streiten seit Monaten um die Neuregelung der
Sicherungsverwahrung. Grund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte. Dieser hatte es für menschenrechtswidrig erklärt, dass
die Sicherungsverwahrung, die bis 1998 nur für die Dauer von zehn Jahren
verhängt werden konnte, für einige Straftäter im Nachhinein verlängert
worden war. Das verstieß nach Ansicht des Gerichts gegen das so genannte
Rückwirkungsverbot, nach dem ein einmal gesprochenes Urteil nicht
nachträglich verschärft werden kann. Berichten zufolge befinden sich
infolge des Straßburger Urteils bereits 16 Schwerverbrecher auf freiem Fuß,
84 weitere müssten noch in diesem Jahr entlassen werden.
9 Aug 2010
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