# taz.de -- Zukunftsvisionen des Google-Chefs: Die Erweiterung der Menschheit | |
> Zum Ende der IFA hat Google-Chef Eric Schmidt seine Ideen einer digitalen | |
> Zukunft dargelegt. Die bietet viele neue Möglichkeiten - und noch mehr | |
> Daten für Google. | |
Bild: "Wir wissen ja schon, wer Sie sind und was Sie mögen": Google-Chef Eric … | |
Deutschland erschreckt Google, so viel kann man schon einmal sagen. Der | |
Internet-Konzern ärgert sich seit Monaten mit dem hiesigen Start des | |
Fotodienstes "Street View" herum - ein Streit, der mittlerweile bekanntlich | |
[1][auf höchster politischer Ebene angekommen] ist. So viel Widerstand | |
hätten die Kalifornier nicht erwartet. Dabei - betont Googles PR-Abteilung | |
bei jeder Nachfrage gleich doppelt und dreifach - ist man den hiesigen | |
Nutzern doch so stark entgegengekommen wie nirgendwo sonst auf der Welt. | |
Da hilft wohl nur noch eine Charme-Großoffensive auf höchster Ebene. Wie | |
die sich darstellt, konnte man am Dienstag auf der Berliner Funkausstellung | |
erleben. Die Messe, die dank der von der Ausstellungsleitung angeordneten | |
Portfolio-Ergänzung um Hausgeräte so etwas wie einen zweiten Frühling | |
erlebt, zog in diesem Jahr allerlei große Namen an - die Bosse von Samsung, | |
beispielsweise. Und gestern eben auch Google-Boss Eric Schmidt höchst | |
persönlich, der in Berlin beim Volk und der Politik für gute Stimmung | |
sorgen wollte. | |
Bei seiner "Keynote", die man als so etwas wie den Höhepunkt der IFA 2010 | |
bezeichnen könnte, zeigte er sich eine gute Stunde lang visionär - und | |
legte Googles Zukunftsidee einer "Augmented Humanity", einer Menschheit mit | |
digitalen Zusatzfähigkeiten, dar. Eingestreut waren handfeste | |
Produktdemonstrationen, darunter ein "Google TV" im Pseudo-Live-Betrieb, | |
"Google TV" soll zu einer Art durchsuchbarem TV führen, finanziert durch | |
Google-Anzeigen, die sich sicherlich auch mittels der erfassten Nutzerdaten | |
gut verkaufen lassen. So kann man mit einer Eingabeleiste nicht nur das | |
Fernsehprogramm, sondern auch YouTube und andere Internet-Quellen | |
durchforsten, die dann auf dem "großen" Fernseher abgespielt oder (sollte | |
es keinen Kopierschutz geben) aufgenommen werden. Allerdings plant Google | |
offensichtlich, dass dazu eine Tastatur notwendig sein wird, jedenfalls | |
nutzte die Bohnet für ihre Demonstration. Konkurrent Apple mit seinem | |
"Apple TV" scheint auf den ersten Blick leichter zu bedienen. | |
Wenn es nach Schmidt geht, treten wir bald in ein neues Zeitalter ein, in | |
dem "Computer uns das ermöglichen, was wir wirklich wollen". Das Internet | |
werden "die Ökonomie des Mangels" durch eine "Ökonomie des Überall" | |
ersetzen. "Jede Firma, die darauf baut, Informationsflüsse zu | |
kontrollieren, bekommt Schwierigkeiten", so Schmidt mit einem wenig | |
verschlüsselten Hinweis an die deutschen Printverlage. Diese versuchen | |
gerade, mit einem umstrittenen [2]["Leistungsschutzrecht"] ihre Pfründe | |
auch online zu sichern und Google Geld abzunehmen. | |
Wenn Schmidt in einigen Jahren in ein Auto steigt, will er, dass es selbst | |
fährt. "Das Auto kennt Sie ja schließlich. Es weiß, wo andere Autos sind | |
und wo es hinfahren soll." Google will auch sonst unterwegs von einer | |
Suchmaschine zu einer Art Entscheidungsmaschine werden: "In naher Zukunft | |
können wir Ihnen Vorschläge machen, was sie als nächstes tun sollten. Nie | |
wieder werden Sie einsam oder gelangweilt sein." Dass das schlicht die | |
Auswertung - und Sammlung - von noch mehr Daten durch Google bedeutet, | |
deutet Schmidt dagegen nur nebenbei an: "Wir wissen ja schon, wer Sie sind | |
und was Sie mögen." | |
All das läuft unter dem Stichwort "Personalisierung", die Google schon | |
jetzt bei seiner Suchmaschine vorantreibt - mit mittelprächtigem Erfolg. So | |
lernt der Konzern, was ein Nutzer am liebsten anklickt und präsentiert dies | |
dann weiter vorne. Das soll auch auf Smartphones mit dem | |
Google-Betriebssystem Android übertragen werden. "Autonome Suche" nennt | |
Schmid das: "Wenn ich die Straße herunterlaufe, soll mein Smartphone | |
dauernd das Netz durchsuchen und mich fragen, ob ich das schon kenne, oder | |
das oder das." | |
8 Sep 2010 | |
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## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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Schwerpunkt Überwachung | |
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