# taz.de -- Ausbau der Stadtautobahn A 100: Junge-Reyer will endlich Geld sehen | |
> Die Stadtentwicklungssenatorin drängt darauf, Planungsgelder für die | |
> Autobahn freizugeben. Die Linkspartei sperrt sich weiter. Grüne | |
> befürchten, dass Junge-Reyer anderweitig Geld lockermacht | |
Bild: Berlins Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) | |
Der Streit um die Autobahn 100 geht in die entscheidende Runde. | |
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) will weiter planen | |
und fordert dazu jetzt vom Hauptausschuss des Parlaments das nötige Geld. | |
Die rot-rote Koalition hatte diese Mittel im November wegen des Streits | |
über den Weiterbau gesperrt. Ob sich Junge-Reyer durchsetzt, hängt am | |
Koalitionsausschuss, dem Chef-Gremium des rot-roten Bündnisses. | |
2.197 ist die Nummer des Papiers, auf das die Landespolitik seit Monaten | |
gewartet hat: Darin fordert die Senatorin, insgesamt 3,15 Millionen Euro | |
freizugeben. Sie sollen Entwurf, Ausführungsvorbereitung und Bauleitung für | |
das rund drei Kilometer lange Autobahnteilstück vom Dreieck Neukölln bis | |
zur Elsenbrücke finanzieren. Das Geld ist im Haushalt zwar vorgesehen, | |
liegt aber seit der Sperre im Herbst 2009 auf Eis. Die eigentlichen | |
Baukosten von über 400 Millionen Euro würde der Bund tragen. | |
Der Weiterbau der A 100 ist im Koalitionsvertrag von Rot-Rot | |
festgeschrieben. Die SPD bestätigte diese Haltung bei ihrem Landesparteitag | |
Ende Juni mit äußerst knapper Mehrheit. Ein Jahr zuvor hatte sie sich noch | |
ähnlich knapp gegen die A 100 ausgesprochen. Die Linkspartei hingegen hat | |
im April den Weiterbau mit breiter Mehrheit abgelehnt und drängt auf einen | |
Stopp. Der Koalitionsvertrag lässt sich aber nur in beiderseitigem | |
Einvernehmen ändern. Daher kann sich Junge-Reyer weiterhin auf ihn berufen. | |
Laut Tagesordnung wollte der Hauptausschuss schon nächsten Mittwoch unter | |
Punkt 32 über die Planungsgelder beraten. Eine am Donnerstag angekündigte | |
Verschiebung soll nur von kurzer Dauer sein. "Wir gehen davon aus, dass es | |
in der letzten Sitzung vor den Herbstferien entschieden werden könnte", | |
sagte Junge-Reyers Sprecherin Petra Rohland. Das wäre am 6. Oktober. | |
Eine Verschiebung würde den Koalitionspartnern zwei Wochen mehr Zeit geben, | |
sich zu einigen. Bislang lautete die Aussage der Linkspartei dazu, man sei | |
in Verhandlungen mit der SPD. "Daran hat sich nichts geändert", sagte | |
Fraktionssprecherin Kathi Seefeld. Höchste Instanz für strittige Themen | |
zwischen den beiden Partnern ist der Koalitionsausschuss. Darin sitzen für | |
die SPD der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, Junge-Reyer und | |
Partei- und Fraktionschef Michael Müller. Die Linkspartei vertreten | |
Wirtschaftssenator Harald Wolf, Fraktionschef Udo Wolf und Parteichef Klaus | |
Lederer. | |
Gegenüber der taz hatte Udo Wolf jüngst erklärt, er habe grundsätzlich | |
nichts dagegen, die Planungsgelder freizugeben, solange damit tatsächlich | |
nur geplant wird. Er befürchtete aber, dass sich aus der Freigabe | |
unwiderruflich grünes Licht für den Bau ergibt. Den Gegenbeweis habe | |
Junge-Reyer noch nicht geliefert. Fraktionsvize und Verkehrsexpertin Jutta | |
Matuschek empfiehlt der Senatorin, "den Berg nicht finanzierbarer | |
Verkehrsprojekte nicht noch höher werden zu lassen, sondern sich | |
ausschließlich auf die Verminderung der Verkehrsbelastungen in Berlin | |
konzentrieren." | |
Die Grünen befürchten, dass Junge-Reyer das Geld anderweitig zusammensucht | |
und "klammheimlich" unumkehrbare Fakten schaffen will. "Trotz der | |
gesperrten Mittel scheint sie genug Geld in ihrem Etat zu haben, um die | |
Planungsarbeiten fortzusetzen", sagte Fraktionschef Volker Ratzmann. | |
Sprecherin Rohland widersprach: "Es ist nicht die Art der Senatorin, | |
hinterrücks etwas durchzusetzen, was offiziell nicht geht." | |
Schmunzelnd verfolgt die zuletzt durch Austritte geschwächte FDP-Fraktion | |
das Gezerre um die A 100. Schon seit Februar fordern die Liberalen wie | |
jetzt Junge-Reyer, die Gelder freizugeben. Ihr Antrag ist im Hauptausschuss | |
jedoch immer wieder vertagt worden. | |
16 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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S-Bahn | |
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