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# taz.de -- EU-Verfahren im Roma-Streit: Kommission geht gegen Frankreich vor
> Die EU-Kommission hat ein Verfahren gegen Frankreich eingeleitet. Die
> Roma-Abschiebungen widersprächen den Regeln zur freien Niederlassung von
> EU-Bürgern.
Bild: EU-Kommissarin Viviane Reding im September 2010.
BRÜSSEL epd | Die EU-Kommission hat wegen der Abschiebungen von Roma ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich eingeleitet. Es müsse für
alle Bürger in der EU rechtliche Sicherheit geben, sagte
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwoch in Brüssel.
EU-Parlamentarier begrüßten die Entscheidung der Kommission.
EU-Justizkommissarin Viviane Reding zeigte sich zufrieden, dass die
EU-Grundrechtecharta eingehalten werde.
Die EU-Kommission hatte seit August die Vorgänge in Frankreich geprüft. Am
Mittwoch stellten die Kommissare einstimmig einen Verstoß Frankreichs gegen
die Personenfreizügigkeit fest. Gemäß der EU-Richtlinie können sich alle
EU-Bürger frei in den EU-Staaten bewegen. Eine Ausweisung von EU-Bürgern
kann nur dann veranlasst werden, wenn sie kriminell werden oder ihren
Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können.
Verstöße gegen die EU-Richtlinie gibt es auch in anderen Mitgliedsstaaten,
darunter Italien, Dänemark und Schweden. Die Kommission will ein Verfahren
gegen dies Länder prüfen.
Der Vorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Martin
Schulz, begrüßte den Beginn des Vertragsverletzungsverfahrens. "Zum ersten
Mal hat die Kommission bewiesen, welche Macht sie als Wächterin der
europäischen Gesetzgebung hat", sagte der Parlamentarier. Die Kommission
habe sich von einem großen Staat wie Frankreich nicht abschrecken lassen.
EU-Parlamentarier und Menschenrechtsorganisationen hatten der französischen
Regierung Rassismus und bewusste Diskriminierung vorgeworfen. Die
EU-Kommission will hierzu weitere Gespräche mit Frankreich führen. Ein
Verfahren ist zu diesem Punkt bisher nicht geplant.
EU-Justizkommissarin Viviane Reding gab am Mittwoch keine persönliche
Stellungnahme ab. "Wir sind zufrieden mit der Entscheidung. Sie ist im
Sinne der Europäischen Union und die EU-Grundrechtecharta wird gewahrt",
sagte ein Sprecher Redings. Die Justizkommissarin hatte Frankreich Mitte
September ungewohnt scharf kritisiert. Vor allem ihr vermeintlicher
Vergleich der Roma-Abschiebungen mit Deportationen im Zweiten Weltkrieg
hatte eine heftige Reaktion des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy
ausgelöst.
Frankreich erhält eine Frist bis zum 15. Oktober, um die
Personenfreizügigkeit in der Gesetzgebung und in der Praxis umzusetzen.
Wird diese Frist nicht eingehalten, übernimmt der Europäische Gerichtshof
in Luxemburg die Verhandlungen. Rechtsexperten gehen von einem langwierigen
und komplizierten Verfahren aus. Wird das Land verurteilt, kommen hohe
Geldstrafen auf das Land zu.
Experten zufolge hat Frankreich seit Anfang des Jahres über 8.000 Roma des
Landes verwiesen. Insgesamt leben rund zwölf Millionen Roma in den
EU-Mitgliedsstaaten. Die Kommission will zudem eine Roma-Arbeitsgruppe ins
Leben rufen. Langfristig sollen alle Mitgliedsstaaten dafür sorgen, dass
Ausgrenzung, Armut und Arbeitslosigkeit der Roma ein Ende haben.
29 Sep 2010
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