# taz.de -- Pro Asyl zu Roma-Abschiebungen: "Antiziganismus ist überall" | |
> Trotz Abschiebungen auch hierzulande: Die deutsche Roma-Politik kann man | |
> mit der von Frankreichs Staatschef Sarkozy nicht gleichsetzen, sagt Bernd | |
> Mesovic von Pro Asyl. | |
Bild: Roma-Familie in Düsseldorf. | |
taz: Herr Mesovic, Frankreichs Präsident Sarkozy hat behauptet, auch | |
Deutschland wolle Roma-Lager räumen lassen, was die Bundesregierung | |
umgehend dementierte. Gibt es in Deutschland überhaupt Roma-Lager? | |
Bernd Mesovic: Nein, im engeren Sinne gibt es diese provisorischen | |
Unterkünfte wie in Frankreich nicht. Natürlich gibt es auch hier Roma zum | |
Beispiel aus Rumänien und Bulgarien, die in prekären Verhältnissen leben. | |
Auch Deutschland schiebt derzeit Roma ab, vor allem in das Kosovo. Ist das | |
vergleichbar mit der französischen Politik? | |
Nein, man muss die Dinge ganz klar auseinanderhalten. Im französischen Fall | |
geht es um das Freizügigkeitsrecht von EU-Bürgern, was die betroffenen Roma | |
ja sind. Sarkozys Politik ist rechtswidrig. Die Bundesregierung müsste das | |
viel klarer sagen und das EU-Recht verteidigen, die Bundeskanzlerin aber | |
schweigt dazu bislang. Bei den Abschiebungen aus Deutschland geht es um | |
Roma, deren Flucht ein Folgeproblem des kosovarischen Sezessionsprozesses | |
ist. Das sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. | |
Sehen Sie trotzdem eine Verbindung? | |
Das Verbindende ist ein überall in der EU vorhandener Antiziganismus, der | |
sich Anlässe sucht. Sarkozys Politik ist dabei Wasser auf die Mühlen derer, | |
die Pogrome für eine politische Methode halten, wie das in osteuropäischen | |
Ländern wie Ungarn immer wieder der Fall ist. Mit Blick auf Deutschland | |
hätte er aber nicht zu so einer unhaltbaren Unterstellung greifen müssen, | |
wenn er etwas in die Vergangenheit geblickt hätte. | |
Denn in Deutschland hat es durchaus eine Abschiebepolitik auch gegen | |
rumänische Roma im großen Stil gegeben. Direkt nach den Pogromen von | |
Rostock-Lichtenhagen im Jahr 1992 hat Deutschland ein Rückübernahmeabkommen | |
mit Rumänien unterschrieben, von dem viele Roma betroffen waren. Danach hat | |
es Massenabschiebungen gegeben. | |
Worin genau liegt heute das Problem beim Umgang der deutschen Politik mit | |
den Roma? | |
Für die Kosovo-Roma müsste es längst ein voraussetzungsloses Bleiberecht | |
geben, weil Ausgrenzung und Diskriminierung im Kosovo fortbestehen. Das | |
sagen eigentlich alle Quellen und auch der EU-Menschenrechtskommissar | |
Hammarberg. Das einzige Zugeständnis des Bundesinnenministeriums ist aber, | |
dass langsamer als ursprünglich geplant abgeschoben werden soll. Das ist | |
keine Lösung. | |
Was müsste getan werden? | |
Das Europaparlament drängt auf eine Politik der Roma-Inklusion in den | |
EU-Staaten. Deutschland müsste sich klar hinter diese Maßnahmen stellen und | |
jeden Populismus vermeiden. | |
19 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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